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An August von Goethe

Carlsbad den 30. Julii 1810.

Ehe ich aus Carlsbad nach Töplitz abgehe, welches wohl zu Ende dieser Woche geschehen wird, muß ich dir, mein lieber Sohn, doch auch ein paar Worte zukommen lassen. Es ist mir diese Zeit her so ziemlich gut gegangen und ich hoffe nach allem, was ich von Töplitz höre, auch von dem dortigen Bade eine gute Wirkung.

Es freut mich zu vernehmen, daß du in deinen Studien treulich und fleißig fortfährst. Wende die Zeit an, so gut es gehen will: denn sie eilt geschwinder vorbey, als man denkt. Ich höre, daß es wieder akademische Händel gegeben hat. Du wirst nach deiner [148] gewöhnlichen Art dich zu benehmen, wohl von allen diesen und ähnlichen Dingen entfernt geblieben seyn.

Meine Lebensweise ist hier ungefähr wie du sie schon kennst. Ich bin einsamer seitdem im July die große Menge Menschen angekommen ist. Früher war recht gute und angenehme Gesellschaft beysammen, und die Gegenwart der Kaiserinn und der sächsischen Herrschaften gab einen Mittelpunct, um den man sich gern versammelte. Jetzt mag es auch wohl ganz hübsch seyn, für den der erst ankommt; aber meine Fähigkeit neue Bekanntschaften zu machen, ist schon erschöpft. Die Gegend hat man genugsam durchlaufen und so verlangt man wieder nach etwas Neuem. Eigentlich aber hat das schlimme Wetter, welches gar zu lange anhielt, mir einen Strich durch die Rechnung gemacht, daß ich gar nicht habe zum Zeichnen kommen können. Es wird wohl besser gehen, wenn wir wieder beysammen sind, und du mir entweder von deinen Reisen erzählst, damit ich alte Schlösser, oder einschläfft, damit ich Staffage in die Landschaft kriege.

Von der Mutter höre ich, daß sie sich ganz wohl unterhält. Sie haben in Lauchstädt ein Badejubiläum gefeyert, welches zu mancherley außerordentlichen Lustbarkeiten Anlaß mag gegeben haben. Mit dem Theater scheint es auch ganz leidlich zu gehen. Empfiel mich Herrn Obrist von Hendrich, und danke ihm vielmals für seine letzte Sendung und die dazu gefügten Nachrichten. Ich nehme mir die Freyheit, ein paar Kisten [149] Egerwasser an ihn zu adressiren, die ich gelegentlich nach Weimar abzusenden bitte.

Unter die angenehmen Dinge, die mir hier begegnet sind, gehört auch, daß Herr Nauwerk aus Ratzeburg, von dessen Zeichnungen bey unsern Ausstellungen du dich wohl noch etwas erinnerst, 6 Blätter Gegenstände aus Faust gesendet hat. Es sind sehr gute Sachen darunter; leider muß ich sie unmittelbar wieder zurückschicken.

Herrn Zelters Gegenwart hat mich sehr glücklich gemacht. Ich treffe ihn wahrscheinlich in Töplitz. Herr Geheimerath Wolf ist auch hier, lebt aber in solchen Zerstreuungen, Gastereyen und Spazierfahrten, daß wir ihn nur selten sehen.

Mit Herrn Hofrath Stark erhältst du wenigstens einen Theil des Gewünschten. Lebe recht wohl und versäume nicht Herrn v. Knebel schönstens zu grüßen.

G.


Haben Sie Dank für Ihr freundliches Andenken. Es hat mich gefreut, daß die Sächelchen nicht ganz gegen Ihren Geschmack gewesen. Gern würde ich den Auftrag von mehreren Duzzenden erfüllen, wenn der Spaß nur nicht gar so theuer wäre. Das Stück der stählernen kostete 40 Kreuzer; und gleichwohl sind sie nicht mehr zu haben, wenigstens nicht in der besten Qualität, die durchaus dazu gehört, wenn die Sache artig aussehen soll. Doch wollen wir sehen, ob etwa ein Duzzend noch aufzutreiben.

Sobald ich mich in Töplitz einigermaßen werde umgesehen haben, sollen Sie eine weitläuftige Relation von allem [150] erhalten. Unterdeß habe ich eine Bitte an Sie, die Sie aber nicht incommodiren darf. Mein Exemplar der Farbenlehre befindet sich noch in Jena bey dem Buchbinder, der nach Weimar engagirt werden sollte. Ohne Zweifel ist es bereits gebunden. Wollten Sie wohl die Güte haben sich durch Ferbern darnach zu erkunden, und im Fall es fertig, dasselbe an Doctor Werneburg senden, damit er es einstweilen studire. Die Tafeln, wenn sie nicht dabey seyn sollten, giebt Herr Frommann, dem ich mich zu empfehlen bitte, als dann schon dazu. – Leben Sie wohl und vergnügt, und gedenken meiner im Guten.

Ihr F. W. Riemer.


Grüße den Bibliothekar und lebe recht wohl.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-972E-C