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An Johann Gottfried Jacob Hermann

Ew. Hochwohlgeboren

würde für die erfreulich lehrreiche Sendung schon früher meinen schuldigen Dank abgestattet haben, wenn ich nicht einigermaßen dieselbe zu erwidern gewünscht hätte. Ein so eben abgeschlossenes Heft von Kunst und Alterthum verleiht hiezu mir die erwünschte Gelegenheit. Möge darin einiges enthalten seyn, was angenehm wäre und einen einsichtigen Beyfall verdiente.

Die genaue Würdigung der nach dem Mayländer Manuscripte uns mitgetheilten Kunstbilder, von unserm wackern Hofrath Meyer verfaßt, darf wohl hoffen Ew. Hochwohlgeboren Aufmerksamkeit an sich zu ziehen.

Von großer Wichtigkeit sind allerdings die Überlieferungen, in welchen das Kennerauge, durch eine späte Hülle, noch immer den alten Kern zu entdecken vermag.

Und so möge auch Ihnen ewiger Dank bleiben, daß Sie den alten griechischen Kern uns unverhüllt bewahren und von Zeit zu Zeit, auf mancherley [242] Weise, die Nebel zerstreuen, die sich darüber hin- und herziehen.

Leider ist, nicht allein in diesem höchst bedeutenden Felde, sondern auch in so manchem andern das Unheil, daß man nichts abgesondert, charakteristisch, sich selbst gemäß will bestehen lassen, sondern alles mit allem verknüpfen, vereinigen, ja transsubstanziiren möchte. Wie wohlthätig ist daher die ernste Behandlung, mit welcher Sie Nation und Zeitalter, Kunst und Wissenschaft im Innern selbst zusammen halten und befestigen, ohne die Einwirkung von außen zu läugnen, oder die Wirkung nach außen zu verkennen. Welch großes Verdienst bleibt Ihnen, das Unnöthige und Ungehörige, wenn es auch verwandt erscheinen sollte, abzulehnen und an der Seite zu halten. Haben Sie die Güte, mich künftighin mit demjenigen, womit Sie das Öffentliche beschenken, auch bald bekannt zu machen. Das glückliche Zusammenseyn hat mich, bey allzukurzer Dauer, auf's neue gekräftigt und die Anhänglichkeit und Verehrung, die ich Ihnen längst gewidmet, auf's neue lebhaft hervorgerufen.

Vorstehendes, welches schon längst abgehen sollte, darf nicht länger zurückbleiben; es geht ab mit den treusten Wünschen und herzlichster Empfehlung.

treulichst
Jena den 9. September 1820.
Goethe.
Abgegangen den 20. September 1820.
Das angekündigte Heft nächstens.
[243]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An Johann Gottfried Jacob Hermann. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9755-0