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An Ernst Christian August von Gersdorff

Ew. Exzellenz

haben mir die schönen Frühlingstage höchst erfreulich werden lassen und mir darin einen seltenen Genuss verliehen.

denn ich muß leider gestehen daß ich Sophokles, dem großen Meister meiner früheren Jahre, in der letzten zeit, durch Lebens- und Literatur Zerstreuungen abgehalten, mich nicht mehr zu nahen wusste. Nun aber lässt mich Ihre Vermittlung ihn auf einmal wieder, in vaterländischer Sprache, ohne Anstos, fasslich und geniesbar vernehmen, zugleich neu und alt, immer von demselben, ja von erhöhtem Werthe.

[24] Empfangen Ew. Exzellenz daher meinen verbindlichsten Dank für die so schätzbare Aufregung, mit dem Glückwunsche: daß bey so bedeutenden, verwickelten Geschäften noch ein heiterer Rückblick in freyere Zeiten und eine Anmuthung an die höchsten einfachsten Kunstgenüsse geblieben; welcher Antheil sich so frisch erhalten hat daß Sie uns noch jetzt das gültigste Zeugniss davon mittheilen mögen.

Der ich mich zu daurendem Wohlwollen, so lang es in Ihrer Nähe zu verweilen gegönnt ist, angelegentlich empfehlend, eine geneigte Fortsetzung für die Meinigen, späterhin wünschen und hoffen darf.

Wahrhaft verehrend aufrichtig anerkennend

ganz gehorsamst

Weimar d. 20. Apr. 1822.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1822. An Ernst Christian August von Gersdorff. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9797-B