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An Johann Georg David Melder
Ihr werther Brief, mein theuerster Vetter und Freund, hat mir ein doppelt angenehmes Gefühl erregt, theils durch das mir gethane vortheilhafte Anerbieten, besonders aber auch als Zeugniß Ihres edlen Charakters und einer glücklichen Lage.
[267] Schon bey meinem Aufenthalt in Frankfurt erfreute ich mich zu sehen, wie Sie durch Talent und Thätigkeit sich in den erwünschten Zustand gesetzt, einer trefflichen Mutter ihr hohes Alter mit Bequemlichkeit und Vergnügen zu umgeben und sich selbst dadurch eine Empfindung zu bereiten, welche für einen dankbar Sohn die erfreulichste von allen bleibt.
Wenn Sie aber nunmehr, mein Theuerster, ältere, von dieser würdigen Frau im Drang der Umstände eingegangene Verbindlichkeiten frühzeitig erfüllen, so geben Sie derselben abermals einen Beweis, daß Sie allen Pflichten, die sich nur irgend auf die gute Mutter beziehen könnten, genug zu thun geneigt sind. Ich nehme daher besonders auch in diesem Sinne Ihr Anerbieten dankbar auf, und freue mich das wohlwollenden Verhältniß zwey so ehrwürdiger Schwester auf die edelste und anständigste Weise gelös't zu sehen. Möge eine ununterbrochene Thätigkeit immerfort zu Ihrem und Ihrigen gesegnet seyn.
treulich ergeben
J. W. v. Goethe.
N. S.
Mögen Sie die Gefällichkeit haben, gedachte Summe baar, in zwey Fäßchen gepackt, mit der fahrenden Post unfrankirt unter meiner Addresse anherzusenden und zwar in Kopfstücken, wenn auch sie zu erhalten einiges Aufgeld nöthig wäre, indem alle unsere hiesigen Verhandlungen in dieser Geldsorte abgethan werden.
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