2/145.
An Johann Christian Kestner
Darmstadt. [21. April 1773.]
Danck euch Kestner für eure zwey liebe Briefe lieb wie alles was von euch kommt, und besonders jetzt. Der Todt einer teuer geliebten Freundinn ist noch um mich. Heut früh ward sie begraben und ich binn immer an ihrem Grabe, und verweile, da noch meines Lebens Hauch und Wärme hinzugeben, und eine Stimme zu seyn aus dem Steine dem Zukünftigen. Aber ach auch ist mir verboten einen Stein zu sezen ihrem Andencken, und mich verdriesst dass ich nicht streiten mag mit dem Gewäsch und Geträtsch.
Lieber Kestner, der du hast lebens in deinem Arm ein Füllhorn, lasse dir Gott dich freuen. Meine arme Existenz starrt zum öden Fels. Diesen Sommer [82] geht alles. Merck mit dem Hofe nach Berlin, sein Weib in die Schweiz, meine Schwester, die Flachsland, ihr alles. Und ich binn allein. Wenn ich kein Weib neheme oder mich erhänge, so sagt ich habe das Leben recht lieb, oder was, das mir mehr Ehre macht, wenn ihr wollt Adieu. Eurem Engeltausend Grüsse.