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An Ludwig Wilhelm Cramer

Ew. Wohlgeboren

so bedeutende als unterichtende Sendungen, die Sie der mineralogischen Societät und mir gewidmet haben, würden mich noch mehr erfreuen, wenn ich mich nicht eben deswegen doppelt und dreyfach als Ihren Schuldner bekennen müßte.

Dieses Gefühl wird mir, obgleich nur wenig, leichter dadurch daß ich die Versäumniß einem Dritten zuschreiben kann.

Herrn Beschorner in Schlackenwalde hatte ich schon im Herbst 1820 um diejenigen Gegenstände ersucht, welche Ihnen abgingen, und zwar auf eine Weise die mich hoffen ließ, derselbe werde zu einer hübschen Sendung [5] sich verpflichtet halten. Ich erhielt aber nichts, und als ich im Herbste des vergangenen Jahres nachfragte, war derselbe nach Pilsen versetzt, wodurch ich meine Hoffnung nur weiter entrückt sah.

Außer Gebirgsarten, die nicht in Ihre Sammlung einschlagen, hatte ich wenig Gewinn, etwas Mavelliten, Egerane; mit begleitendem fasrigen Urkalk. Dann folgte etwas linsenförmiges Eisen von Rokitzan und dergleichen, das ich seiner Geringfügigkeit wegen nicht anzubieten traue. Doch geb ich die Hoffnung nicht auf, Ihnen gegen so vieles Schöne und Gute auch etwas Erfreuliches zu erwidern. Übrigens hat meine Sammlung gewissermaßen stillgestanden, indem ich bey eintretenden Umständen ganz andere Bedürfnisse befriedigen hatte.

Daß Sie von Ihren so lange redlich und thätig, zuletzt nicht mit ganzer Zufriedenheit geführten Geschäften entbunden sind, dazu wünsche von Herzen Glück! Ich würde bey solcher Beruhigung Ihrer werthen und belehrenden Unterhaltung desto freudiger genießen, wenn es mir vergönnt wäre, meine Vaterstadt und deren Nachbarschaft wieder zu besuchen.

Ich empfehle mich zum besten und freue mich der Stunde wo es mir gelingt, Ihnen irgend etwas Angenehmes zu erzeigen.

ergebenst

Weimar den 10. April 1822.

J. W. v. Goethe. [6]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1822. An Ludwig Wilhelm Cramer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9815-9