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An Clementine de Cuvier

[Concept.]

[Ende August oder Anfang September 1826.]

Sie gönnen, theuerstes Fräulein, meinen dichterischen Arbeiten mehrfache Theilnahme, so versichern mir wenigstens meine von Paris rückkehrenden Freunde; auch wollen Sie, fügt man hinzu, dem Dichter selbst einigen Antheil schenken. Hierauf gründet sich mein Vertrauen, Gegenwärtiges abzusenden, wozu die Rückkehr des Herrn Präsidenten Weyland mit verpflichtet.

Er bringt mir nämlich von Seiten Ihres Herrn Vaters unschätzbare Hefte, welche mich in diesen Tagen zu erfreulich-belehrenden Studien veranlaßten. Denn wenn ich auch einige dieser trefflichen Aufsätze früher kannte, so wirken sie nun gedoppelt, indem sie eine Reihe von Ansichten über die wissenswerthesten Regenstände eröffnen. Nun freut es mich erst, daß ich dem [135] labyrinthischen Gange der Naturforschung nach meiner Weise durch so viele Jahre gefolgt bin, da ich mich nicht unwerth fühle, auf den Gipfeln, welche die Wissenschaften erreicht haben, begünstigt von den vorzüglichsten Männern, gleichfalls umher zu schauen und dasjenige mit einem Blick zu erfassen, wo ich sonst mit Mühe mich durchzuwinden hatte.

Diesen Überblick bin ich den Arbeiten Ihres Herrn Vaters wiederholt schuldig geworden, und wie sehr ich dafür dankbar sey, wird, wie ich glaube, besser und andringlicher von einer geliebten Tochter ausgesprochen, als wenn ich unmittelbar dem würdigen Manne mich genähert hätte. Wie wollte ich die tausendfältigen Einwirkungen und Bezüge in ein schickliches Maaß zusammenfassen und mit wenigem von dem sprechen, was unendlich ist.

Hier, mein theuerstes Fräulein! lassen Sie mich schließen, damit ich die Gränze eines Briefs nicht überschreite. Empfehlen Sie mich Ihrem verehrten Herrn Vater auf's lebhafteste und gewinnen Sie Überbringern eine freundliche Aufnahme; es ist Herr Coudray, ein talentvoller geprüfter Mann, schon früher in Paris unter Leitung des Herrn Durand sowie in Italien der Kunst sich befleißigend, nunmehr Ober-Baudirector in großherzoglichen Diensten, mir ein werther Hausfreund. Er wird meine Bitte wiederholen: daß Sie in Ihrem schönen Kreise eines Entfernten gedenken mögen, der Ihnen in manchem Sinne so nah geworden.


[136] [Beilage.]

Geneigtest zu gedenken.


Unterzeichneter besitzt eine Sammlung organischer Fossilien, welche, ohne sehr zahlreich zu seyn, von der frühsten Epoche, vom Übergangs-Thonschiefer an bis zu den letzten der aufgeschwemmten, ja der Torflager, von jeder Zeitstufe einige Beyspiele enthält. Nur fehlen durchaus Exemplare derjenigen uralten Thiergeschlechter, welche bey Paris in Gyps und Kalk gefunden werden und deren Entdeckung man ganz allein Herrn v. Cuvier schuldig ist. Nur wenige bedeutende Theile, als Zähne und dergleichen würden die Lücke genugsam ausfüllen. Könnte man von den eyerlegenden Vierfüßlern auch nur Ein Exemplar erhalten, so würde man solches mit großem Dank erkennen.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Clementine de Cuvier. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9822-9