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An Carl Friedrich Zelter

Sie sind ein trefflicher Freund! Wie ich nach Hause kam, fand ich die Gefänge, und schon ist der Anfang zur kleinen Singschule gemacht. Wir werden nach und nach die Sänger des Theaters und unsrer Choristen herbeyziehen, auch Personen aus der Stadt, und sehen, wie weit wir kommen. Hübschen Raum haben wir im Theatersaal.

Ihre abermalige Einladung macht mir das Herz schwer. Daß ich Ihre Anstalt nicht schon habe kennen lernen, ist unerlaubt; aber ich habe schon seit mehreren Jahren ein gewisses Kleben am Wohnort, das vorzügliche daraus entspringt, weil in mir noch so viel aufgeregtes und doch unausgebildetes liegt. Da habe ich das Jahr zu thun, um nur hie und da ins Klare zu kommen, meine Gesundheits- und [407] die Zeitumstände nicht mitgerechnet. Doch würden mich diese ohne jenes weniger abhalten. Aber ich fürchte mich, wenn man es genau besieht, vor neuen Einwirkungen und Aufregungen, und entbehre daher mit Willen manchen Genuß.

Der Beyfall, den unser Theater in Leipzig erhalten, macht mir Lust und Muth, mich der Sache diesen Winter wieder lebhaft anzunehmen. Wir sind bey dieser Gelegenheit für unser Ausdauern belohnt worden, und wollen mit Zutrauen und Hoffnung auf dem alten Wege fortgehen; und so kann auch die niederträchtigste, detractive Opposition, wie wir sie früher von Berlin her erfahren müsse, nichts ausrichten.

Auch ist mir Ihre Ausdauer, mein werthester Freund, immer vor Augen. Nur ist freylich zu fürchten, daß, wenn Sie nach Italien gehen, der herrliche Bund so vieler Jahre sich auflösen werde. Natürlich und lustig ist es, daß sich Ihre Samenkörner so weit und breit herum und auch an die Theetische disseminirt haben. Schaffen Sie mir doch ja unsern Schnabel gerecht seyn.

Von dem, was ich sonst thue und treibe, schweig' ich und hoffe bald von meinem stillen Fleiße einige Früchte mittheilen zu können. Leben Sie recht wohl und senden mir manchmal auch ein Lied. Auch solcher kleinen Productionen würde ich jetzt eher genießen [408] können, besonders wenn Sie ein leichtes Accompagnement für die Guitarre dazu setzen wollen, deren ich jetzt mehrere um mich habe.

Weimar den 15. September 1807.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Carl Friedrich Zelter. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-987C-1