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An den Herzog Carl August

Rom d. 6. [und 7.] Jul. 87.

Heil, Gesundheit und alles Gute zuvor wo Sie dieser Brief auch antrift. Ihr Segen, Ihre Ermahnung hat gefruchtet und ich finde mich nun, zum erstenmal auf meiner ganzen Reise, mit dem wahren Gefühl von Sodezz, in Rom, wo die Sodezz oder der höchste Leichtsinn hin gehört.

Lucchesini ist wieder hier ich habe die Freude gehabt, mich wieder mit ihm von Ihnen zu unterhalten, er schätzt Sie ganz vorzüglich und ich bin überzeugt es ist nicht um mir blos nach dem Sinne zu reden, daß er soviel Gutes von Ihnen sagt. Übrigens ist er ein ausgemachter Weltmann und scheint mir, was ich auch nur von weitem sehe sein Spiel gut zu spielen.

Ich werde täglich fleißiger und treibe die Kunst, die eine so ernsthafte Sache ist, immer ernsthafter. Wenn ich nur über einige Stufen im Machen hinwegkönnte! Im Begriff, und zwar im ächten, nahen Begriff bin ich weit vorgeruckt. Da ich doch einmal [235] ein Künstler bin; so wird es viel zu meiner Glückseligkeit und zu einem künftigen fröhlichen Leben zu Hause beytragen, wenn ich mit meinem kleinen Talente nicht immer zu kriechen und zu krabeln brauche, sondern mit freyem Gemüthe, auch nur als Liebhaber, arbeiten kann. Auch das was ich jetzt lerne bin ich Ihnen schuldig, denn ohne Ihren freundlichen Zuruf, der mir auf meiner Rückreise begegnete, wäre ich schon jetzt von Rom abgegangen.

Die Freunde werden schon berichtet haben daß ich meinen Aufenthalt biß auf den 28. Aug. verlängre. Auch hab ich an die Stein und Herder etwas von St. Peters Feyerlichkeit geschrieben das sie mittheilen werden. Rom hat das Eigne daß auch das Gespielte drin groß ist.

Der Farnesische Herkules ist nun würcklich abgegangen, so wie man Anstalt macht auch den Toro und was nur transportable aus dem Farnesischen Pallaste ist reifefertig zu machen. Auf der andern Seite leert der Grosherzog die Villa Medicis völlig aus und Rom verliert interessante Sachen. Doch bleibt es immer wie ein unerschöpflicher Brunn und wird den spätsten Nachkommen noch die wichtigsten Gegenstände der Kunst, zu zeigen haben.

Das allgemeinste Gespräch ist nun: daß der Papst die berühmte Leprische Sache verlohren hat. Er hat noch ein Remedium ergriffen man glaubt aber nicht daß es ihm viel helfen werde.

[236] Die Hitze ist groß und der Scirock hält auch die Nächte warm. Er muß mir auch zur Entschuldigung dienen, denn er hat mich gegen Abend eingeschläfert und nun geht die Post. Leben Sie recht wohl. Behalten Sie mich in freundlichem Andencken empfelen Sie mich Ihrer Frau Gemahlinn und geben mir noch einige Nachricht von Ihrem und der Ihrigen Befinden nach Rom. In 16 Tagen erhalt ich richtig die Briefe.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1787. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-98BC-4