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An Heinrich Kolbe

Ihren unterrichtenden Brief, vom 10. Januar, so wie das Rouleau, in der Hälfte des vorigen Jahres, habe ich richtig erhalten.

Die Beurtheilung der concurrirenden Stücke haben wir, in Gestalt eines einzelnen Programms, als eine der vierteljährigen Beylagen der jenaischen allgemeinen Litteraturzeitung, herausgegeben. Mit diesem weitverbreiteten Blatt ist sie also gewiß nach Paris gekommen und Sie werden, bey Ihren übrigen Connexionen, sich solche wohl zum Durchlesen verschaffen können. Sie finden darin Ihrer Zeichnung auch mit Ehren gedacht. Ich habe sie übrigens noch bey mir behalten, indem ich vermuthe, daß man, bey dem Ameublement des Schlosses, welches nunmehr mit [66] starken Schritten vorwärts geht, ein solches Blatt bey irgend einer Zimmerverzierung gerne sehen würde. Habe ich es angebracht, so werde ich Ihnen ein billiges Honorar zu gute schreiben und gelegentlich einhändigen lassen. Die beyden Ölgemählde liegen auch noch wohl verwahrt bey mir.

Für das gegenwärtige Jahr haben wir die Befreyung der Andromeda durch Perseus aufgegeben, und dabey auch eine Concurrenz für solche Stücke eröffnet, bey welchen dem Künstler die Wahl des Sujets frey bleibt. Wenn Sie unsern obgedachten Aufsatz antreffen und sich mit unsern Intentionen näher bekannt machen, so hoffe ich, Sie sollen sich entschließen, auch dießmal zu unserer Ausstellung etwas beyzutragen. Wollen Sie alsdann die wohlgepackte Rolle bey Zeiten an

Mr. Corbay Parfumeur rue de la Monoie No. 10.

mit Adresse
a Mr. Desport, pour remettre a Mr. de Goethe Weimar

abgeben, so hoffe ich, daß sie richtig und wohlbehalten zu mir kommen soll.

Ihre Schilderung des gegenwärtigen Pariser Kunstwesens zeigt sowohl von Ihren richtigen Einsichten in die Kunst, als von Ihrer Aufmerksamkeit. Ich wünsche, daß Ihr dortiger Aufenthalt ganz zum Vortheil Ihrer Studien gereichen möchte.

[67] Wenn Sie dort ein nicht gar großes Bild unternehmen und vollenden, ohne daß es bestellt oder sonst wohin bestimmt wäre; so wünschte ich, daß Sie mir solches durch obgedachte Gelegenheit zuschickten, indem ich es vielleicht anbringe und auf alle Fälle Sie dadurch bekannter mache.

Ich habe mit diesem Briefe einige Monate gezaudert, weil unser durchlauchtigster Erbprinz nach Paris zu reisen gedachten. Gegenwärtigen Brief erhalten Sie auch durch den Kanal dieser Reisenden. Herr Oberhofmeister von Wolzogen kennt Ihren Nahmen und wird Sie, wenn Sie ihm inliegende Charte überreichen, freundlich empfangen, obgleich die Zerstreuung, in der Personen, unter solchen Verhältnissen, auf der Reise leben, ihn hindern möchte sich näher für Sie zu interessiren. Auf alle Fälle wünschte ich, daß Sie Gelegenheit suchten sich ihm vorzustellen, weil er ein Mann von schönen Kunstkenntnissen ist und der Ihnen auch sonst in der Folge nützlich seyn kann.

Leben Sie recht wohl, erhalten mir ein geneigtes Andenken und lassen von Zeit zu Zeit etwas von sich hören.

Weimar am 12. Apr. 1802.

J. W. v. Goethe. [68]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1802. An Heinrich Kolbe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-98D0-3