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An Wilhelm von Humboldt

[Concept.]

Zu einiger Unterhaltung in die ferne lege ich Beykommendes zurecht, um es Ihnen, mein Verehrtester, nachzusenden; es entstand ganz zufällig. Unsere Schauspielerin übernahm das alte, zwar interessante, aber schlecht geschriebene Stück Essex zu spielen; die Rolle der Königin ist nicht die glücklichste, besonders aber hat sie das Stück auf eine sehr schwache und elende Weise zu schließen. Die Schauspielerin bat mich um einen bedeutenderen Schluß, und indem ich mir das Stück und die Geschichte der Königin Elisabeth vergegenwärtigte, begegnete es mir, daß ich, statt eines kurzen Monologs, einen langen Epilog schrieb, der, wie Sie sehen, ricochetweise einen großen Raum durchläuft, bis er endlich wirklich ans Ende gelangt.

[24] Die Engländer lieben solche Epiloge, die Deutschen aber wollen gerührt und nicht verständiget nach Hause gehen; mögten diese Reime die doppelte Wirkung thun!

Vielleicht hätte ich aber doch Ihnen diese Arbeit nicht gesendet, wenn sie nicht auch deswegen merk würdig wäre, weil das Stück Sonnabend den 23. Octbr. gegeben werden sollte und ich den Epilog den 17. Abends angefangen und den 20. in der Nacht geendigt habe. Die ominosen Stellen darin haben mich nachher selbst in Verwunderung gesetzt. Ich war im Begriff, als ich das Stück hatte, Sie bey mir zu sehen, Ihnen diese und andere neue Productionen vorzulesen, unser interessanteres Gespräch brachte sie mir aber aus dem Sinn.

Ich schließe mich tausendmal empfehlend.

W. d. 4. Nov. 1813.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1813. An Wilhelm von Humboldt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-98E3-A