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An Johann Lorenz Böckmann
[Frankfurt, 14. und 15. November 1774.]
Ich komme vom Eis, erst durch eine Gesellschaft und durch ein Abendessen am Tisch, wo Sie auch sasen. Ich bin sehr müde; ich habe Bahn gemacht, gekehrt mit den Meinigen, neue Freta entdeckt, u.s.w.
Ich war aufm Eis pp. den 14. Nov. 1774.
Das Ihnen nur so hingeworfen, wie ichs Ihnen sagen möchte, noch Nachts um 10 Uhr. Morgen mehr.
Martini Abend (ich hielte das Blat gestern Nacht für einen Briefbogen, will auch nun so fortfahren) Martinin Abend hatten wir das erste Eis, und vom Sonntag auf den Montag Nachts fror es so stark, daß ein kleiner Teich, der sehr flach vor der Stadt liegt, trug. Das entdeckten Zweye Morgens, verkündigten mirs, da ich sogleich Mittags hinauszog, Besitz davon nahm, den Schnee wegkehren, die hindernden Schilfe abstosen lies, durch ungebahnte Wege durchsezzte, da mir denn die anderen mit schaufel und Besen folgten und ich selbst nicht wenig Hand anlegte. Und so hatten wir in wenigen Stunden den Teich umkreiset und durchkreuzt. Und wie weh thats uns, als wir ihn bey unfreundlicher Nacht verlassen mussten. Der Mond wollte nicht herauf, nicht hinter den Schneewolken hervor, und heute thaut alles dahin. Dieses alles habe sogleich zu melden, für meine [203] Schuldigkeit erachtet, und hoffe ein Gleiches von Ihnen. Haben Sie neue Schrittschue machen lassen? ich habe niemand finden können, dem ich die Verfertigung hätte anvertraut. Schicken Sie mir doch den Satyros. Und behalten mich im Andenken der Liebe!
Goethe.