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An Carl Ernst Adolf von Hoff

[Concept.]

Ew. Hochwohlgeboren

übersende, nur allzu spät, die früher angemeldeten Bände, mit dem Wunsch, daß auch Ihnen Anklänge an Erfahrung und Überzeugung daraus hervorgehen mögen.

Das ungleiche Papier, das selbst Entschuldigung bedarf, entschuldige das Verspäten; es war nicht mehr möglich, ein ganz gleiches Exemplar zusammenzubringen.

[309] Noch eine Retardation meines Schreibens und Sendens darf ich wohl aufrichtig aussprechen: ich wünschte Ihrem höchst willkommenen Werke einiges Einzelne bekräftigend zu erwidern; dieß wollte mir nicht sogleich gelingen; nun aber kann ich sagen, daß bey fleißigem und aufmerksamen Lesen in diesen Winterabenden ich aus der Lethe meiner Vergangenheit recht Erfreuliches zu diesem Zweck herausgefischt habe, worunter ich eine ganz befriedigende Auflösung des Räthseltempels zu Puzzuol, wovon ich Zeichnung und Erklärung in meinen Papieren fand, wohl zuerst nennen darf. Die Blätter datiren sich. Neapel, Sonnabend den 19. May 1787, also nach meiner Rückkehr von Sicilien; ich ließ bey'm Abdruck meiner Reisebeschreibung diese Stelle weg, weil ich ein Kupfer dazu nothwendig fand. Die von einem Architekten deshalb entworfene Tafel liegt schon einige Jahre unter andern Papieren und wäre ohne Ihre Anregung vielleicht verloren gegangen. Es läßt sich die Erscheinung gar wohl örtlich deuten, ohne daß man das Mittelmeer, seit den Zeiten Diocletians, etliche und dreyßig Fuß über sein Niveau bey Puzzuol zu bemühen braucht. Wunderlich genug, daß gewisse Köpfe solche desperate Erklärungsweisen für ganz bequem und natürlich finden. Ich müßte den übrigen Raum dieses Blatts mit Ausrufungszeichen füllen, wenn ich meine Besinnungen über die desperaten Erklärugsweisen auszudrücken [versuchte], womit bald [310] ganze Reiche erhoben, bald das Meer aufsteigend, bald Continente zum Versinken verdammt werden; ist mir's doch, als wenn Neptun und Pluto nach Christi Geburt mit einander wetteiferten.

Ew. Hochwohlgeboren haben das große Verdienst, diese Thorheiten mit größter Mäßigung zur Sprache zu bringen, und es muß ein jeder Sinnige für Pflicht halten, sich an Sie anzuschließen. Was ich in meinem neusten Hefte zur Wissenschaftslehre hierüber zu äußern gedenke, sende vorher im Manuscript, um mich einer so werthen Mitwirkung zu erfreuen. Mögen Ew. Hochwohlgeboren auch hierin Anerkennung, Vertrauen und Werthschätzung gewahr werden und freundlichst aufnehmen, die ich Denenselben von jeher gewidmet habe.

Weimar den 9. Februar 1823.

[311]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Carl Ernst Adolf von Hoff. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9A08-2