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An Gräfin Josephine O'Donell

Eben war ich im Begriff, verehrteste Freundinn, Ihnen einen recht ruhigen und langen Brief zu schreiben und alles Gute, was mir so unverdient widerfahren, mir nochmals im Zusammenhange recht deutlich vorzustellen, besonders auch für die guten Nachrichten von Schlan zum allerschönsten zu dancken.

Nun vernehme ich aber von Graf Cotheck, daß Ihro Majestät in Czaslau, wegen Unpäßlichkeit, einige Tage verweilt, und bitte auf das dringenste, mich hierüber, sobald als möglich zu beruhigen und mich durch diesen neuen Beweis Ihrer unschätzbaren Freundschaft zu erfreuen.

So beglückend es ist sich Eigenschaften dieser auserordentlichen Dame in Gedancken zurückzuführen, so ängstlich wird es Dieselbe leidend, oder in einiger Gefahr zu wissen. Giebt es irgend Gelegenheit, so bitte, in der allerhöchsten Gegewart, meiner als des danckbarsten Knechts zu gedencken, der, ohne von dem Wohlbefinden seiner angebeteten Herrinn versichert zu seyn, unfähig ist irgend eines Glücks, irgend einer Zufriedenheit zu genießen.

Darf ich bitten von Ihren lieben Selbst mir [79] freundliche Nachricht zu geben und von des Herrn Grafen und der Frau Gräfinn Althan Exzel. und von unsres theuren Fürsten Lignovski Erlaucht einiges und hoffentlich recht erfreuliches zu melden.

Zunächst nehme mir die Freyheit kleine Blätter beyzulegen, wie ich sie in diesen Tagen flüchtig entworfen. Da sie Erinnerungen sind von lauter frommen Localitäten, so dürfen sie vielleicht Anspruch machen in jenem Büchlein Platz zu finden, welches der wilde Sinn des Weltkindes nicht hat entweyhen können. Darf ich dagegen bitten meiner bey irgend einem Abfallenden Couverte zu gedencken.

Bleiben Sie versichert daß Ihre Freundschaft ein großer und unerwarteter Gewinn für mein Leben ist, den ich um so höher zu schätzen weis als man in späteren Jahren nur zu verlieren eingerichtet seyn muß.

Biß den 12 Sept. verweile ich hier. Lassen Sie mich nicht aus Böhmen gehen ohne Beruhigung über einen Gesundheits Zustand der mir so sehr am Herzen liegt und ohne das Zeichen Ihres Wohlwollens, das ich auch in dieser Gabe danckbar verehren will.

Solches schrieb ich, in dem wahrhaft einsiedlerischen Carlsbad, d. 28ten August, als an meinem Geburstage, mich des 7ten in aller Stille mit frommen Wünschen erinnernd

1812.

treu ergeben und verbunden Goethe. [80]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Gräfin Josephine O'Donell. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9A79-6