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An Nikolaus Meyer

Ihr lieber Sohn, mein theuerster Herr und Freund, traf recht zur guten Stunde bey uns ein. Er fand sich mit Herrn Zelter im Schwan zusammen; wir sahen darauf beide zu Tisch und ein schönes Verhältniß knüpfte sich alsobald an. Möge alles dem guten jungen Mann gleicherweise gelingen, woran nicht zu zweifeln ist, denn schon hier hat feine schöne Gestalt und sein anmuthiges Betragen ihm alle Herzen gewonnen. Da er, wie er mir sagte, an Herrn Professor Lichtenstein adressirt ist, so wird dieser ihn vorerst am besten zu leiten wissen und ihm seine Studien tag-und stundenweise einrichten helfen. Vernehm ich in der Folge seine Stellung, so kann ich ihn auf manche Weise an wohlwollende und bedeutende Männer empfehlen. An Herrn Rauch habe [109] nach Ihren Wünschen umständlich geschrieben und man wird nun sehen, wie sich alles einleitet.

Der wegen seiner eigenen Darstellung so werthe Ring hat sich mir durch das zierlich-schmeichelnde Sonett nur um so werther gemacht, deshalb ich denn meinen Dank wiederholend verdoppele.

Das Sonntagsblatt und die Gesellschaft für vaterländische Cultur gehen in schöner Eintracht zusammen vorwärts. Mir ist besonders angenehm zu sehen, daß Sie und Ihre Freunde umsichtig auf dasjenige wirken, was zunächst erfordert wird, was Ihrer unmittelbaren Umgebung Nutzen bringt. Hierdurch unterscheidet sich Ihr Bestreben von so manchen deutschen Zeitblättern, die nichts Besonderes, Eigenthümliches beabsichtigen, vielmehr in's Allgemeine gehen und dadurch einander völlig ähnlich werden, anstatt daß Sie sich zu wechselseitiger Einwirkung bemühen sollten, ihren Charakter verstehend, ihre Bedürfnisse so wie ihre Leistungen anschaulich zu machen.

Mich angelegentlichst empfehlend

ergebenst

Weimar den 15. October 1827.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Nikolaus Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9AC0-4