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An Sulpiz Boisserée

Das Ereigniß mit den Schillerschen Reliquien hat immer etwas Apprehensives, selbst für die, welche das Geschehene nicht mißbilligen, sogar für mich, der ich die Nothwendigkeit vorzuschreiten einsehend die Angelegenheit im Stillen geleitet und gefördert habe und nur da zurücktrat, als man sie, gegen meinen Plan, in's Öffentliche zog. Nur soviel sag ich noch im Vertrauen, daß für den Augenblick nicht allein der Schädel, sondern die sämmtlichen Knochenglieder durch abwägenden Fleiß unserer vergleichenden Anatomen zusammengebracht, nun auf großherzoglicher Bibliothek in einem anständigen Gehäuse ordnungsgemäß niedergelegt sind. Nun aber tritt meine Wirkung wieder ein und ich hoffe, durch die Art, wie ich diese köstlichen Reste zu bestatten gedenke, soll die ganze Fabel eine freundliche Auflösung finden, wobey man die unerfreulichen Mittelglieder gern vergessen wird. Mit der Schillerschen Familie bin ich im Stillen einig und Sie, mein Theuerster, sollen von den Ersten [223] seyn, zu erfahren, wie ich mich deßhalb erkläre; freuen würde mich's, wenn Sie erriethen, was eigentlich ganz nahe liegt.

Vorstehendes war geschrieben und sollte fortgesetzt werden, da trat der 7. November wieder ein, und für die freundlichste Zerstreuung war gesorgt; auch erhielt ich die Festexemplare der Denkmünze in drey Metallen mit wenigen, aber wahrhaft fürstlichen Worten. Zu gleicher Zeit finden sich die von Ihnen gewünschten Blätter, weshalb ich abbreche und siegele.

Nur will ich noch hinzufügen, daß ich eine längst gewünschte sehr schöne Sendung von Herrn Cuvier erhalten habe, original fossile Reste von Montmartre, auch köstliche belehrende Modelle, Abgüsse von bedeutenden, vielleicht einzigen Exemplaren. Sollten Sie irgend Gelegenheit haben, dorthin bemerken zu lassen, wie sehr mich diese Mittheilung gefreut, so geschieht mir eine Gefälligkeit; denn es macht sich in dem Elemente des breiten Reichthums nicht leicht jemand einen Begriff, wie angenehm-nützlich, ja hinreichend die kleinsten Einzelheiten aus Natur und Kunst mir zu statten kommen.

Gar manches treibt und drängt, sogar Mephistopheles regt sich wieder.

Tausend Gruß und Lebewohl.

eiligst und treulichst

Weimar den 10. November 1826.

G. [224]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9AC1-2