5/1355.
An Carl Ludwig von Knebel
Die Chronologen schike ich sogleich mit Dank wieder zurük. Ich kenne sie schon eine Weile, und habe manchmal gerne drinne gelesen. Was du mir vom Verfaßer sagst, macht mich aufmerksam auf ihn.
Es war mir bisher etwas in seinen Sachen, das mir anmaslich schien. Hier und da seyn sollender Wiz [227] und Geist, und ein Schnappen nach höherer Vorstellungsart als ihm von Natur gewährt seyn mögte; doch muß ich gestehen daß sich nach diesen beiden lezten Stüken und der Nachricht, daß er der Verfaßer des Milchtopfes sei, mein Urtheil anders wendet und sich berichtigt. Wenn das Bunte seiner Schrift und Schreibart nur ein wenig durch Geschmak mehr geläutert wäre, so könnte sie wirklich in ihrer Art vortreflich werden, denn er hat viele Manichfaltigkeit und Lebhaftigkeit und was zu allem diesem den hübschen Grund macht eine große natürliche Gutmüthigkeit. Schreibe mir mehr von ihm, und enthalte mir überhaupt nichts vor, was du merkwürdiges von Menschen und Sachen auf deiner Wanderung antriffst, damit ich in meiner Einsamkeit ergözzet werde.
Daß du über den neuen Beweiß meiner Unvermüd lichkeit lächeln würdest konnte ich mir wohl vorstellen, doch ist sie bey mir wenig Verdienst. Das Bedürfniß meiner Natur zwingt mich zu einer vermanichfaltigten Thätigkeit, und ich würde in dem geringsten Dorfe und auf einer wüsten Insel eben so betriebsam seyn müßen um nur zu leben. Sind denn auch Dinge die mir nicht anstehen, so komme ich darüber gar leichte weg, weil es ein Artikel meines Glaubens ist, daß wir durch Standhaftigkeit und Treue in dem gegenwärtigen Zustande, ganz allein der höheren Stufe eines folgenden werth und, sie zu betreten, fähig werden, es sey nun hier zeitlich oder dort ewig. Von[228] dem Kaiser denke ich auch wie du. Wenn ihm das Glük will und ihn sein Genius nicht verläßt, so ist er gemacht viel ohne Schwerdtstreich zu erobern.
Weimar d. 3. Dez. 1781.
G.