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An Friedrich Schiller

Ich gratulire zum Anfang der Ausarbeitung des neuen Stück. So wohl es gethan ist seinen Plan im Ganzen gehörig zu überlegen, so hat doch die Ausführung, wenn sie mit der Erfindung gleichzeitig ist, so große Vortheile die nicht zu versäumen sind.

Körner hat sich die Sache freylich sehr leicht gemacht. Er hat statt einer Relation einen Actenextract geschickt. Vielleicht denken Sie ein wenig darüber und nach der vierten Vorstellung des Wallensteins läßt man den Aufsatz abgehen.

Es ist andem daß der König und die Königin den Wallenstein in Berlin nicht gesehen haben und wirklich, wie es scheint, um dem Herzog ein Compliment zu machen, der sie wegen der Wahl der Stücke befragte und wegen dieses Trauerspiels ihre Zustimmung erhielt.

Was mich betrifft, so habe ich mich blos durch gänzliche Resignation vom Unmuth erretten können, da an eine zusammenhängende Arbeit nicht zu denken ist. Indessen da es manches zu thun giebt, so vergeht die Zeit und ich sehe doch auf den Juli wieder bessern Stunden entgegen.

Die Schwestern von Lesbos werden indessen leidlich gefördert. Es freut mich sehr daß die erste Conferenz [108] sich mit Zufriedenheit beyder Theile geendigt hat, es war nicht allein vortheilhaft für diesen Fall, sondern auch für die nächsten Fälle.

Frau von la Roche ist noch nicht angekommen, verschiebt auch, so viel man vernimmt, ihre Reise. Vielleicht verzieht sich das Gewitter ohne daß wir nöthig haben zu den Lobedaischen Ableitern unsere Zuflucht zu nehmen.

Mit welcher unglaublichen Verblendung der alte Wieland in den allzufrühen metakritischen Triumph einstimmt, werden Sie aus dem neusten Stücke des Merkurs mit Verwunderung, und nicht ohne Unwillen, ersehen. Die Christen behaupteten doch: in der Nacht da Christus geboren worden, seyen alle Orakel auf einmal verstummt, und so versichern nun auch die Apostel und Jünger des neuen philosophischen Evangelii daß in der Geburtsstunde der Metakritik der Alte zu Königsberg, auf seinem Dreyfuß, nicht allein paralysirt worden, sondern sogar wie Dagon herunter und auf die Nase gefallen sey. Kein einziges der ihm zu Ehren errichteten Götzenbilder stehe mehr auf seinen Füßen, und es fehlt nicht viel daß man nicht für nöthig und natürlich finde sämmtliche Kantsgenossen gleich jenen widerspenstigen Baalspfaffen zu schlachten.

Für die Sache selbst ist mir es kein gutes Anzeigen daß man glaubt solcher heftigen und doch keineswegs auslangenden Empfehlungen zu bedürfen.

[109] Der Humboldtische Brief kommt auch hier wieder zurück.

Mögen Sie dem Gesuch des Herrn von Fritsch, das er in beyliegendem Blättchen anbringt, wohl deferiren?

Hier schicke ich den gedruckten Catalogus. Ihre Bücher sind zwischen den zwey rothen Strichen eingeschlossen.

Das Packet an Hufeland bitte besorgen zu lassen.

Heute Abend wünschte ich daß Sie die Aufführung der Theatralischen Abentheuer sehen könnten, sie wird gewiß vorzüglich gut werden weil sie als Hauptprobe dienen soll, um die Aufführung vor dem König vorzubereiten. Ich habe gestern und vorgestern die Vorproben mit Vergnügen besucht und auch dabey wieder die Bemerkung gemacht: wie sehr man mit einer Kunst in Verhältniß, Übung und Gewohnheit bleiben muß wenn man ihre Productionen einigermaßen genießen und etwa gar beurtheilen will. Ich habe schon öfters bemerkt daß ich nach einer langen Pause mich erst wieder an Musik und bildende Kunst gewöhnen muß, um ihnen im Augenblick was abgewinnen zu können.

Leben Sie recht wohl und bereiten mir durch Ihren Fleiß einen schönen Empfang.

W. d. 5. Jun. 99.

G. [110]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1799. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9B45-1