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An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

vermelde mit Vergnügen, daß Herr Director Schadow sich entschlossen, anher zu reisen. Dieser würdige Mann und treffliche Künstler langte den 25. Januar [258] hier an, und wir haben die bis heute verstrichene Zeit dazu angewendet, ein mitgebrachtes wohlgerathenes Modell, das Piedestal nebst Basreliefs und Inschriften zu betrachten und zu besprechen. Über alles, was gethan werden soll, sind wir vollkommen einig. Die Vorarbeiten sind sorgfältig und gewissenhaft geschehen und es kommt nur darauf an, ob die verehrten Herrn Unternehmer die Vorschläge genehmigen und besonders, wie sie ausgeführt werden sollen, entscheiden.

Auf dreierley Weise ist die Ausführung denkbar. Das projectirte Standbild kann in Kupfer getrieben, aus Marmor gehauen oder in Erz gegossen werden. Über alle drey Arten sind Umschläge beygefügt. Diegeschriebene Arbeit hat die Wohlfeile vor sich, gegen sich aber, daß auf diesem Wege niemals ein Kunstwerk entstehen kann, welches das Auge befriedigt, außer allenfalls in großer Höhe oder Ferne gesehen.

Eine Marmorstatue hält den Mittelpreis und ist immer von edlem Ansehn. Bedenkt man aber die Schwierigkeiten, einen solchen Block, wenn er auch in Carrara rein gefunden würde, nach Berlin zu transportiren und von dort bearbeiten nach Rostock zu schaffen, bedenkt man ferner, daß, trotz aller Vorsorge, man niemals sicher ist, nicht auf einen Flecken oder Gebrechen des Steines, selbst bey der letzten Ausarbeitung, zu stoßen, daß ferner in jener Himmelsgegend eine Marmorstatue Winters zugedeckt werden muß, wodurch sie nicht allein ein Theil des Jahres den Augen entzogen [259] wird, sondern auch außerdem durch die bretterne Umgebung ein großer Mißstand entspringt und demohngeachtet, in den übrigen Jahreszeiten, Regen und salzige Seeluft die zarte Oberhaut des Marmors färbt und entstellt; so wird freylich der Kunstfreund, der einer trefflichen und ausführlichen Arbeit zugleich auch die längste Dauer, ferner der Patriot, der großen Thaten ein würdiges Denkmal aufgerichtet wünscht, in Hoffnung leben, daß man das Vollkommenste, obgleich Theuerste wählen werde. Herr Director Schadow ist nun bereit einen Accord einzugehen, weswegen Ew. Hochwohlgeb. ersuche, mit demselben sich gefällig unmittelbar in erneuerte Relation zu setzen, um die dortigen Wünsche, Entschließungen und allenfallsigen Bedingungen mit demselben zu verhandeln, auch wenn es gefällig mir von den Entschlüssen Nachricht zu geben.

Da die bisherigen Unterhaltungen mit diesem vorzüglichen Manne mir sehr nützlich und ermunternd waren, auch meine frühern Verhältnisse zu demselben wieder thätig angeknüpft worden, so benutze gewiß auch in der Folge dieses Geschäft als eine angenehme Gelegenheit mit ihm in Verbindung zu bleiben.

Beehren Ew. Hochwohlgeb. mich abermals mit einem Schreiben so wünschte den Grundriß des Platzes, worauf die Statue zu stehen kommt, mit bezeichneter Himmelsgegend, als Beylage zu finden. Höchst wünschenswerth, ja unerläßlich ist es, daß die Statue den Rücken gegen Norden kehre, wenn auch mit einiger [260] Abweichung nach Osten oder Westen. Auf diese Weise erhält sie den Tag über ein Licht, welches ihre Theile abwechselnd hervorhebt.

Leider deutet die schwarze Einfassung meiner Briefblätter auf einen uns gemeinsamen Trauerfall, der uns, obgleich schon befürchtet, auf das schmerzlichste überraschte. Diese theuere Fürstin empfahl mir angelegentlichst das projectirte Monument, und auch um ihretwillen soll es von meiner Seite an sorgfältiger Mitwirkung nicht fehlen.

Das Modell sowohl als die Zeichnungen und Basreliefs hat Herr Director Schadow mit nach Berlin genommen, um bey weiter fortschreitenden Geschäft auch diese allenfalls vorlegen zu können. Nicht weniger hoffe einige schickliche Inschriften zu geneigter Prüfung vorlegen zu können.

So weit war dieses Schreiben gediehen, als der hiesige Kupferschmied Henniger ein paar nackte männliche Figuren ohngefähr 3 Fuß hoch, halb erhabene Arbeit, die er so eben zu Stande gebracht, producirte und dadurch die Überzeugung gab, daß auch etwas Getriebenes in der Nähe gefällig seyn könnte, so daß die frühere Abneigung des Herrn Directors gegen Arbeiten dieser Art gemildert wurde. Der Kupferschmied, ein junger Mann, ist nicht abgeneigt, mit seinem Bruder, zu Ausführung eines solchen Werks nach Berlin zu gehen. In eine vorläufige Forderung[261] wollte er sich nicht einlassen. Herr Director Schadow hat die Absicht, ihm eine Büste in Arbeit zu geben, da man dann eher seine Kunst beurtheilen und er seine Mühe genauer zu schätzen im Stande seyn wird. Über alles dieß giebt Herr Director Schadow auf gefällige Anfrage weitere Auskunft.

Möge ich Ew. Hochwohlgeb. und Ihren Herrn Committenten bestens empfohlen seyn.

gehorsamst

Weimar d. 12. Febr. 1816.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An August Claus von Preen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9B47-E