36/214.

An Johann Jakob von Berzelius

[Concept.]

[4. Januar 1823.]

Ew. Hochwohlgeboren

angenehme Sendung ist mir zur rechten Zeit geworden und ich säume nicht länger, dafür meinen verbindlichsten Dank abzustatten.

Ihro Königlichen Hoheit meinem gnädigsten Herrn habe sogleich nach Ihrem Wunsch die Zufälligkeiten vorgetragen, welche einer näheren persönlichen Bekanntschaft in Töplitz im Wege gestanden. Höchst Dieselben haben darauf nach gewohnter aufrichtiger Sitte und Sinnesart erwidert, daß Höchst sie nichts mehr gewünscht hätten, als einen so schätzenswerthen Mann persönlich zu kennen und sich mit ihm über manche Gegenstände zu unterhalten.

Fürwahr, dieser unser Fürst nimmt einen so reinen gründlichen Antheil an den Wissenschaften als man nur wünschen kann, sucht sie in seinem Kreise zu beleben und ihren Einfluß auf's Praktische immerfort in Thätigkeit zu erhalten.

Erlauben Sie mir nun auch, indem ich mich Ihrem Andenken bestens empfehle, einen Wunsch, dessen Gewährung nur mit größter Bequemlichkeit zu erfüllen bitte. In meiner nicht unansehnlichen und seit vielen Jahren her einer fortschreitenden Belehrung [259] gewidmeten Sammlung ist gerade das Titanische Fach am schwächsten versehen und berathen. Möchten Dieselben gelegentlich und ohne Beschwerde mir aus den Reichthümern, die Ihnen im Norden zu Gebote stehen, einiges mittheilen, so würde ich es dankbarlichst erkennen, wobey ich zugleich bekennen will, daß Ihre gütige schnelle Bewährung meines Wunsches nach einigen Zinnstufen jenes Landes diese gewissermaßen unbescheidne Bitte hervorgelockt hat.

Auch eine solche Mittheilung wird Ihr Andenken, welches ohnehin bey uns stets lebendig ist, noch im Besondern beleben, denn ich kann nicht verschweigen, daß gerade in diesen Tagen das chemische Mineralsystem, was wir schon längst bey uns kennen, abermals und zwar in der Pariser Ausgabe von 1819 eine entschiedene Theilnahme mir abgefordert hat. Herr v. Leonhard, welcher in seinem neuen Handbuch auf die chemischen Verhältnisse vorzüglich Rücksicht nimmt, ruft und dazu auf, und ich darf wohl sagen, daß mich Ihre Darstellungen der Wernerischen, Hausmannischen, Karsten'schen Systeme auf's neue höchlich interessiren, weil ich in der allgemeinen Geschichte meine besondere, in so fern ich mich diesen Wissenschaften ergab, nothwendig erkennen mußte; wobey mir denn höchst angenehm ist, eine Gelegenheit zu finden, die ganz vorzügliche Hochachtung auszusprechen, mit der ich Ew. Hochwohlgeboren schon längst zugethan bin, und welche durch das erfreuliche [260] obgleich kurze Zusammenseyn nur vermehrt werden konnte. Herr Soret von Genf, welcher als frischer gewandter Naturforscher mir neuen Muth gibt, mich in dem immer erweiterten Felde ferner umzusehen, empfiehlt sich zum allerschönsten.

Weimar den 3. Januar 1823.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Johann Jakob von Berzelius. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9B67-6