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An Christiane von Goethe

Du erhälst heute, mein liebes Kind, ein großes Paket und wirst die einzelnen Theile desselben aufs beste besorgen. Die Packete an Herrn Genast und Frau von Stein sendest du gleich fort; das an Herrn Cotta bleibt bey dir liegen. Er kommt wahrscheinlicherweise auch schon an dem Morgen an, da du gegenwärtiges erhältst, wie er mir von Leipzig aus geschrieben hat. Es thut mir sehr leid, daß ich ihn nicht sprechen kann; aber es ist mir jetzt ganz unmöglich nach Weimar zu gehen. Ich erhole mich kaum von dem bösen krankhaften Überfall und betreibe meine nothwendigste Arbeiten kaum nothdürftig. Ob ich nach Carlsbad komme wird täglich zweifelhafter, und ich habe mehr als eine Ursache mich in Acht zu nehmen. Hier tröstet mich doch die Gegenwart des geheimen Hofrath Starke, der sich treulich meiner annimmt, und in der Ruhe und Einsamkeit kann ich mich allenfalls erholen. Auch habe ich mich eingerichtet, so daß ich trotz allen Übeln nicht ganz unthätig bin. Der Druck an der Farbenlehre geht fort und ich habe Hoffnung zu andern guten Dingen. Ich habe deswegen Genast geschrieben, man möchte Hamlet auf Mittwoch den 17. ansetzen. Kann ich Dienstag zur Hauptprobe kommen, so will ich nicht fehlen. Fühle ich mich aber nicht wie ich seyn sollte; so kann[327] diese erste Aufführung ja wohl auch ohne mich geschehen. Dieß ist nicht ein Stück für einmal, und ich kann bey Wiederholung desselben noch immer einwirken. Grüße Wolffs und so auch die theatralischen Nachbarn und schreibe mir deine Gedanken.

Laß dir an den schönen Tagen wohl seyn. Sie werden nicht besser kommen; und wenn du dich leidlich befindest, so sieh ja immer gut Freunde und Personen, denen du was artiges erzeigen willst. Es ist hierzu die beste Jahreszeit. Wenn du manchmal des Abends lange Weile hast, so laß dichs nicht verdrießen. Solltest du 14 Tage in Jena zubringen, so würdest du umkommen: denn wie kummervoll sich hier die Familien und Gesellschaften behelfen müßen, um eine Art von Unterhaltung zu haben, davon kannst du dir keinen Begriff machen.

Mir hingegen ist es für den Augenblick ein höchst glücklicher Aufenthalt. Wäre ich klug gewesen, so hätte ich den letzten Anfall ausweichen können, aber von nun an hab' ich mir auch vorgesetzt, mich durch nichts äußeres so leicht wieder auf ein letztes treiben zu lassen.

Jetzt lebe recht wohl und grüße Carolinchen und ersuche sie, daß sie mir, indem du dictirst, recht viel schreibt. Nächsten Sonnabend, oder wenn dein Bruder wieder hinübergeht, erfährst du mehr von mir. Keine Sorge brauchst du nicht für mich haben. Unser Essen ist ganz leidlich und die Freundinnen helfen [328] mit Spargel und andern guten Dingen nach. Lebe recht wohl und sey nicht karg mit weimarischen Nachrichten.

Die beyden beygelegten Briefe laß nur heute Abend auf die Post geben.

Jena den 9. May 1809.

G.


Vielleicht sprichst du Herrn Cotta; so grüß ihn von mir zum schönsten.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1809. An Christiane von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9B7D-5