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An August von Goethe

Du erinnerst mich, mein lieber Sohn, an jenen König der den goldnen Pokal zum drittenmal in [48] den Strudel warf ohne zu bedenken, daß der Taucher indeß seine Kraft erschöpfte.

Ich sage soviel! Hättest du mir, gleich als ihr den Entschluß faßtet, Vorsatz und Wünsche gemeldet; so wäre vielleicht etwas zu thun gewesen; nun scheint es aber ganz unmöglich. Von Herrn von Müller vernahm ich das erste Wort, und dachte in meiner Art nach, was Poetisches allenfalls hier zu Hülfe kommen könnte, wobey ich denn fand daß eine allgemeine Einleitung hinreichend, ja allein schicklich sey: denn da sie lauter bekannte Masken sind, so kann man die leichte Auflösung des Räthsels der Sagacität des Zuschauers wohl überlassen. Wollte man aber ja ein jedes Stück einführen, so würde es ein dritter schicklicher thun als der Dichter selbst, der sich eigentlich nun wiederholen müßte, wenn der dritte gegen ihn und das Publicum zugleich galant seyn darf. Zeige dieses Herrn Canzlar vor, in solchen Dingen ist derselbe gar glücklich. Er hilft euch wohl bald aus aller Verlegenheit. Es müssen ja nicht ewig Stanzen seyn, für jedes Stück fände sich eine eigne Form.

Im Gefühl daß ich auch was Schickliches und Artiges zu dieser Handlung hinzuthun könnte, habe ich schon gestern Abend einiges vorgenommen, es gelang aber nicht und ich mußte es fahren lassen.

Meine Schlußworte sind also diese: helft euch auf obgesagte Weise! dadurch schneidet ihr mir den Weg[49] nicht ab, wenn ich ihn noch betreten kann. Bringe ich etwas zusammen, so laß ich's gleich hier drucken, sende dir's durch einen Boten kurz vor Thorschluß. Rechnet aber nicht darauf: denn ich weiß jetzt noch gar nichts davon.

Daß die drey bösen Dämonen wegbleiben ist sehr gut und braucht keine Entschuldigung. In ihrer alten herrlichen Gestalt sind sie zum Teufel geschickt und wie sie jetzt, von dorther wiederkehrend, abermals unter uns walten, würden sie, obgleich maskirt, sich auf einem Maskenball sehr schlecht ausnehmen.

Soviel für dießmal! Grüße die sämmtlichen Wohlwollenden zum allerschönsten, sie mögen ja fleißig beten, damit noch etwas zu Stande komme; die Muse besonders und die Hoffnung sollen's an ihrem Einfluß nicht fehlen lassen.

Auf dem Tannenwipfel

d. 13. Febr. 1818.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9B87-D