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An Friedrich Schiller

Ihre beyden Briefe, werthester Freund, habe ich erst spät in Ilmenau erhalten, wohin, wie nach Cimmerien, die Boten langsam gehen, die Sonne [259] selten in dieser Jahrszeit bringt, der Almanach aber doch früh genug den Weg gefunden hat. Ich stehe vorerst dabey stille, daß wir mit beyden Werklein im Ganzen den gehörigen Effect gethan haben, einzelne Äußerungen können dem Autor selten wohlthun. Man steht denn doch am Ziel, es mag nahe oder fern gesteckt seyn, wenn einen der Leser gewahr wird. Nun kommen sie, gehen, rennen und trippeln auch wohl herbey, andere bleiben unterweges stehen, andere kehren gar um, andere winken und verlangen man solle wieder zu ihnen zurückkehren ins platte Land, aus dem man sich mit so vieler Mühe herausgearbeitet hat. So muß man die allgemeine Aufmerksamkeit für das Resultat nehmen und sich ganz im Stillen mit denjenigen freuen, die uns Neigung und Einsicht endlich am reinsten nähert; so habe ich Ihnen das nähere Verhältniß zu Körnern und Humboldt zu verdanken, welches mir in meiner Lage höchst erquicklich ist.

Durch die unmittelbare Berührung mit den Gebürgen und durch das Voigtische Mineralienkabinet bin ich diese Zeit her wieder in das Steinreich geführt worden. Es ist mir sehr lieb, daß ich so zufälligerweise diese Betrachtungen erneuert habe, ohne welche denn doch die berühmte Morphologie nicht vollständig werden würde. Ich habe diesmal diesen Naturen einige gute Ansichten abgewonnen, die ich gelegentlich mittheilen werde.

Sonst habe ich aber auch nicht den Saum des [260] Kleides einer Muse erblickt, ja selbst zur Prosa habe ich mich untüchtig gefunden, und weder Production noch Reproduction ließ sich im geringsten spüren. Das weitere müssen wir nun geduldig erwarten. Wann ich Sie sehen kann, weiß ich noch nicht, in der ersten Zeit darf ich von hier nicht weg; vielleicht komme ich nur einmal auf einen Tag, um Humboldts zu begrüßen und manches zu besprechen. Leben Sie recht wohl und grüßen alles was Sie umgiebt. Das Exemplar für Humboldt liegt hier bey.

Weimar den 12. Nov. 1796.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1796. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9BD2-1