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An Johann Friedrich Posselt

Ew. Wohlgeboren

erhalten hiebey die beiden Instructionen, auf deren zweckmäßige Befolgung dieselben nach Ihrer gewohnten Genauigkeit durchaus halten werden.

Der regelmäßig – gleiche Gang der Barometer-Veränderungen an weit entfernten Orten wird nach meiner Überzeugung bald als das Fundament der ganzen Meteorologie angesehen werden; es ist daher keine Bemühung zu scheuen, um sich darüber wie über Ungleichheiten und Abweichungen derselben aufzuklären.

Die aufgefundenen Beobachtungen für London und Boston würde rathen, vorerst in eine besondere Tabelle verzeichnen zu lassen, da man sie denn immer neben unsere graphischen Darstellungen, die ohnehin[291] etwas überladen sind, legen und also vergleichen könnte; wahrscheinlich sind genannte Beobachtungen nach englischen Fußen angestellt, welches, wie Conducteur Schrön schon bey einer andern Gelegenheit bemerkt, vorerst auszumitteln wäre.

Zugleich übersende was Herr v. Eschwege aus Brasilien mitgetheilt; diese Beobachtungen scheinen auch nach englischen Fuß gemacht zu seyn. Die der Tabellen sind 1822 Fuß über der Meeresfläche angestellt, wo sich das Barometer doch kaum über 28 französische Zollheben kann.

Ew. Wohlgeboren werden gewiß auch dabey merkwürdig finden, daß hier kein eigentliches Steigen und fallen, sondern nur eine Art Oscillation ist, wovon Juli, August, September der Bischoffischen graphischen Zeichnung ein Analogen darstellt. Das beygefügte Journal liefert auch schon eine Jahresreihe am Meersufer von Brasilien; wollten Sie das alles näher betrachten und mir Ihre Meynung eröffnen. Sollten Sie über einzelne Puncte dieser brasilianischen Mittheilungen nähere Auskunft verlangen, so bitte mir solches anzuzeigen. Herr v. Eschwege wird gern an Hand gehen.

Ferner wünsche, daß Sie einige Tafeln graphischer Collectaneen einrichteten, wo aus entfernten Gegenden, und wenn es nur Wochen und Monate sind, Einzelheiten eingetragen würden; dadurch käme man viel schneller zum Ziel und die Aufmerksamkeit würde[292] mehr erhalten und angeregt als bey einer Reihe von Erfahrungen, bey welchen man zuletzt ermüdet.

Abdrücke der gegitterten Platte sende soviel als verlangt werden; wenn wir den Raum blos zu Barometer-Beobachtungen anwenden, so wird sich vieles zusammenstellen lassen.

Übrigens werd ich diese Angelegenheit nicht aus den Augen lassen in Hoffnung, daß bey milderer und mehr angenehmer Jahreszeit Ew. Wohlgeboren mich einmal mit Ihrem Besuche erfreuen.

Das Beste wünschend.

ergebenst

Weimar den 31. Januar 1823.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An Johann Friedrich Posselt. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9BDB-F