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An Wilhelm Dorow

Ew. Wohlgeboren wünsche Glück zu der größeren Wahrscheinlichkeit einer Ausgabe Hamman'scher Schriften. Lassen Sie uns jedoch einige Schritte zurücktreten, um zu überschauen, wie ein solches bedeutendes, lange verzögertes Werk würdig ausgeführt werden könne.

Unerläßlich ist hierbei die Bedingung, daß die verschiedenen kleinern und größern Schriften der Jahrzahl nach geordnet werden. Denn da die Hamman'schen Äußerungen alle veranlaßt sind durch merkwürdige Literaturereignisse, so wird eine solche Stellung schon [15] zum Leitfaden in diesem Labyrinthe, und sein Commentator oder Explanator hat die größte Bequemlichkeit, sich umzusehen, was gerade zu der Zeit im Auslande und Inlande Aufsehn erregte und Einfluß ausübte. Das Ganze würde sich gar wohl in 2 Bände groß Octav mittlerer Schrift eintheilen. Lassen Sie uns von dem erstern reden.

Er enthielte:

1. Biblisch Betrachtungen eines Christen. 1758.

2. Sokratische Denkwürdigkeiten. 1759.

3. Wolken. Ein Nachspiel sokratischer Denkwürdigkeiten. 1761.

4. Kreuzzüge des Philologen. 1762.

5. Essais à la Mosaïque. 1762.

6. Schriftsteller und Kunstrichter geschildert in Lebensgröße. 1762.

7. Leser und Kunstrichter nach perspectivischem Unebenmaße. 1762.

8. Fünf Hirtenbriefe, das Schuldrama betreffend. 1763.

9. Hamburgische Nachricht; Göttingische Anzeige; Berlinische Beurtheilung der Kreuzzüge des Philologen. 1763.

Diese neun Nummern würden etwa einen Band in groß Octav, mit mäßiger Schrift, von 2 Alphabet liefern.

Sollte noch irgend etwas aus eben der Zeitreihe bekannt sein, so wünscht' es zu erfahren.

[16] Dieser Band schlösse nun eine sehr bedeutende Epoche in sich ein, erklärte sich gewissermaßen selbst und erleichterte dem Ausleger, was er zu sagen hat. Über diese Präliminarien müßte man vor allem Dingen einig werden; auch könnte ich die in Händen habenden Exemplare nicht eher mittheilen, als bis das ganze Unternehmen gesichert und begonnen wäre. Wobei bemerke, daß übrigen aber alle, Nr. 7 ausgenommen, in vollständigen Exemplaren vorhanden sind.

Zu überlegen wäre ferner: ob man nicht die Noten, die der Verfasser oft muthwillig-willkürlich, obgleich nie unzeitig, dem texte beigefügt, nach neuerer Art am Schluß einer jeden Abhandlung nachbringen wollte. Ich rathe hiezu, da man die Citate im Augenblick doch nicht nachschlägt und das übrige Angeführte auch nur meist als scherzhaftes Beiwerk dasteht; für den echten Freund und Liebhaber eine angenehme Nachkost.

So viel für diesmal. Ich hoffe zunächst von Ihnen die größere Sicherheit und Gewißheit dieser ernsthaften Unternehmung zu erfahren. Doch füge, bezüglich auf das Obige, hinzu: daß in Hamanns Heften und Flugblättern eine Pause von 10 Jahren merkwürdig ist; er tritt erst 1772 wieder auf, da vom Ursprung der Sprache öffentliche Rede wird. Dieser Gegenstand, als recht eigentlich in sein Reich gehörig, beschäftigt ihn ganz besonders, und ich besitze ein bedeutendes[17] Manuscript, welches hievon den vollkommensten Beweis giebt. Mehr wird zu sagen sein, wenn wir erst über das Ganze der Ausgabe und über deren ersten Theil klar und im Reinen sind.

Das Beste wünschend

ergebenst

Weimar den 30. November 1818.

Goethe.


N. S. Noch ist zu bemerken, daß eines Aufsatzes gedacht wird:
Fünf Bücher über das Schuldrama und Kinderphysik. Königsberg 1763. 8.

welcher vor allen Dingen beizuschaffen wäre.

Im vierten Hefte: Kunst und Alterthum werden Sie unter andern Ausgrabungen auch der Ihrigen freundlich gedacht finden; Sie werden daraus ersehen, daß wir unserer abwesenden Freunde immer eingedenk bleiben. Mit wenigen, aber redlich günstigen Worten gedenken wir Ihres Bemühens und Besitzes.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An Wilhelm Dorow. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C02-D