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An Johann Friedrich Rochlitz

Sie haben mich, theurer Mann, mit immer gleichem Schritt und unverwandter Gesinnung durch's Leben begleitet und mich, der ich so viele Mißklänge von außen zu vernehmen hatte, stets mit reiner, wahren, echten Theilnahme erfreut, daß ich sehr undankbar sein müßte wenn ich nicht eine darbietende [177] Gelegenheit ergriffe, meinen Dank endlich auszusprechen. Nehmen Sie daher im Ganzen freundliche auf, was Ihnen im Einzelnen zusagte und gedenken mein jetzt und künftig in Geist und Liebe.

Lassen Sie mich noch eine Bemerkung hinzufügen welche einem alten Autor wohl ziemen mag. Es giebt dreierley Arten Leser: Eine, die ohne Urtheil genießt, eine dritte, die ohne zu genießen urtheilt, die mittlere die genießend urtheilt und urtheilend genießt; diese reproducirt eigentlich ein Kunstwerk auf's neue. Die Mitglieder dieser Classe, wozu Sie gehören, sind nicht zahlreich, deshalb sie uns auch werther und würdiger erscheinen. Ich sage nichts Neues, Sie haben hierüber gleichfalls erfahren und gedacht.

Leben Sie recht wohl und seyen meinen Kindern freundlich, wenn sie auf ihrer Rückreise von Berlin in Leipzig verweilen sollten wovon ich noch keine gewisse Nachricht habe.

und so fort und ewig

verbunden

Weimar den 13. Juny 1819.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1819. An Johann Friedrich Rochlitz. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C32-3