37/97.

An die Großherzogin Louise

[Concept.]

Ew. Königlichen Hoheit

schriftlich unterthänigst aufzuwarten ist mein täglicher Wunsch und Vorsatz, und doch kann ich nicht dazu gelangen, da es mir an Stoff zu gebrechen scheint; denn ich glaubte nur wiederholen [131] zu müssen, was Höchst Dieselben unmittelbar schon vernommen haben, daß unserem theuren Fürsten die angefangene Cur wirklich zum Vortheil gereicht und, vorschriftsmäßig weiter gebraucht, gewiß von dem besten Erfolg seyn wird. Glücklicherweise hat sich ein vorzüglicher Arzt, Hofrath Schäffer von Regensburg, zu unserm Rehbein gesellt, und beide, vollkommen einverstanden, haben dem hohen Badegast so schöne Anleitungen gegeben, wie die hiesigen Wasser, zu Abwendung nicht nur des oberflächlichen, sondern auch des Grundübels möchten gebraucht werden; wozu sich denn auch eine Verlängerung der Badezeit nothwendig machen möchte. Von den Hauptpersonen, welche hier zugleich verweilen, werden Höchst Dieselben schon gründliche Nachricht und ein einsichtige Schilderung erhalten haben, so daß mir nichts als das bloße Namensverzeichniß übrig bliebe.

Auf einem gestern von unserm gnädigsten Herrn gegebenen, so anständigen als an angenehmen Hausball war die hiesige ganze, hohe und schöne Welt versammelt und jedermann nach seiner Weise unterhalten und befriedigt; es dauerte bis 12 Uhr, und ich konnte mich wegen anmuthiger Unterhaltung auch nicht früher entfernen.

So scheinen ferner die meisten Gäste nach ihrer Art die Zwecke zu erreichen und ziemlich zufrieden, ob sich gleich einige darunter finden, für die wenig Hoffnung bleiben möchte.

[132] In den letzten Tagen war die Witterung nicht die beste, nun erholt sie sich aber und verspricht neue gute Zeit, welches um so angelegener ist, als nach manchen Erfahrungen sich jeder Witterungszustand weit verbreitet und Höchst Dieselben daher mit den hiesigen Curgästen auf gleiche Weise sich wahrscheinlich zu erfreuen und zu leiden haben.

Vorstehendes hielt einige Tage zurück, um die Ankunft des theuersten Großherzogs melden zu können. Ich hatte das Glück, mit seinem hohen Herrn Vater ihm entgegen zu fahren und ihm erfreulichen Willkommen zu bieten. Sein Empfang ward zufällig und absichtlich durch Concert und Ball gefeyert, zu dessen, wie es schien, besonderem Vergnügen. Freylich hätten wir um sein und unseretwillen einen längeren Aufenthalt gewünscht doch muß man sich in den Rath der Ärzte wie in ein subalternes Fatum schicken und fügen.

Ew. Königlichen Hoheit und Höchst Ihro Familie und Hofkreise wünsche zu bedauernder Gnade und Wohlwollen für jetzt und immer angelegentlichst empfohlen zu seyn.

M. B. d. 24. Juli 1823.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1823. An die Großherzogin Louise. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C3C-F