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An Friedrich Schiller

Ob ich gleich von meinem hiesigen Aufenthalt wenig Productives rühmen kann und sonst eigentlich nicht wüßte warum ich hier seyn sollte; so will ich doch wieder von mir hören lassen und Ihnen im allgemeinen sagen, wie es mit mir aussieht.

Heute bin ich 14 Tage da und da ich auch sonst hier so viel Zeit brauchte um mich in Positur zu setzen; so will ich sehen ob von nun an die Thätigkeit gesegneter wird. Einige unangenehme äußere Vorfälle, die zufälligerweise auch auf mich stärker, als unter andern Umständen einwirkten, haben mich auch hin und wieder retardirt. Selbst daß ich morgens badete war meinen Vorsätzen nicht günstig.

Hier haben Sie also die negative Seite. Dagegen habe ich einiges erfunden das auf die Zukunft etwas verspricht, besonders auch sind gewisse Betrachtungen und Erfahrungen im naturhistorischen Fache nicht unfruchtbar geblieben. Einige Lücken in der Lehre der Metamorphose der Insecten habe ich nach Wunsch ausgefüllt. Bey dieser Arbeit ist, wie Sie wissen, mir nur darum zu thun, daß die schon gefundnen Formeln anwendbarer werden und also gehaltvoller erscheinen, und daß man gedrängt werde neue Formeln zu erfinden; oder vielmehr die alten zu potentiiren. Vielleicht kann ich bald von beyden Operationen erfreuliche Beyspiele geben.

[114] Das Vorspiel habe ich nochmals durchgesehen und es an Cotta abgeschickt. Es mag nun auch in der weiten Welt grassiren.

Wegen des Honorars habe ich es in Suspenso gelassen und nur geäußert: daß ich von meiner Seite auf Sie zu compromittiren in jedem Falle gern gesinnt bin. Es kann ja ohnehin nur von etwas auf oder ab hier die Rede seyn.

Ich bin neugierig ob Ihnen die Muse günstiger war, und ob sie mir vielleicht auch in diesen letzten Tagen noch etwas bescheren mag.

Die Erscheinung von einem friedlich Besitz nehmenden Heere wird Ihnen einige Tage Unterhaltung geben. Was mich betrifft, so will ich, wo möglich, diese Expedition in der Stille abwarten und hinterdrein vernehmen wie es abgelaufen ist.

Leben Sie recht wohl. Sagen Sie mir ein Wort und trösten mich über meine lange Entfernung von Ihnen, welche nur durch eine bedeutende Fruchtbarkeit einigermaßen entschuldigt und entschädigt werden könnte.

Jena am 17. Aug. 1802.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1802. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C77-9