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An August von Goethe

Da du in einigen Tagen deine Mutter erwarten kannst, so will ich dir auch von väterlicher Seite erscheinen. Daß du ganz leidlich wieder hergestellt von Frankfurt abgereist bist, hat mir viel Vergnügen gemacht: denn die Nachricht von deinem Übelbefinden hatte mich sehr beunruhigt. Ich wünsche, daß du diesen Winter in deinen guten Vorsätzen nicht mögest gestört werden. Denjenigen Freunden die dir in diesem üblen Falle beygestanden wirst du, sowie auch die Mutter, in meinem Namen den besten Dank sagen. Laß mich ein Wort hören wenn ihr beysammen seyd; ich wünsche nur, daß die Mutter gut Wetter finde, damit sie auch der Gegend froh werde.

Dabey empfehle ich euch, ja ich trage es euch auf, zusammen nach Mannheim zu fahren, damit die Mutter eine Stadt sehe, dergleichen sie noch nicht gesehen hat; wobey ihr aber nothwendig Herrn und Frau von Luck besuchen müßt. Es würde mir sehr unangenehm seyn, wenn ihr das nicht thätet: denn [201] er hat sich schon in einem Brief gegen mich sehr freundschaftlich beklagt, daß du ihn nicht besucht hast. Dießmal ist es Gelegenheit alles wieder gut zu machen, und der Mutter, der du diesen Brief zeigen wirst, kann es nicht anders als zum Vergnügen gereichen. Sie wird eine Comödie dort sehen und die freye Rheingegend. Sogar wäre es mir lieb, wenn ihr Schwetzingen besuchtet. Wenn man einmal so weit von Hause entfernt ist; so muß man die Nachbarschaft in die man kommt zu sehen nicht versäumen: denn man gelangt nicht sobald wieder an solche Orte.

Wenn deine Collegien angegangen sind, so schreibe mir was du genommen hast und wie du dich darein findest. Was du mir vorläufig anzeigtest, hat meine vollkommene Billigung. Nenne mir doch auch einige von deinen nächsten Gesellen und ob du einen wiedergefunden hast, der dir Boie einigermaßen ersetzt. Freylich sind alle früheren und älteren Verhältnisse immer die erfreulichsten, weil die neuen auch immer erst ein gewisses Alter erreichen müssen, um jenen ähnlich zu werden.

Bey uns ist es wieder stille; doch giebt es keine Ruhe; Fremde sind immer da, und das Theater läßt seine Mucken nicht. Sage der Mutter, daß ich allerley hinhalte bis sie kommt, damit wir auch in diesen Dingen, besonders insofern sie unser Haus wegen der Singstunden berühren, mit einander Abrede nehmen können.

[202] Ich höre Görres ist weggegangen. Schreibe mir doch etwas über diesen Mann, wenigstens über die äußerlichen Verhältnisse, die ihn vertrieben haben.

Herrn Kastner will ich suchen eine Carlsbader Sammlung wenn ich nach Jena komme, zusammenzulegen. Es sind mehrere Dubletten dort, ich habe auch noch etwas. Kann ich sie nicht ganz vollständig liefern, so complettire ich sie nächsten Sommer, wenn ich wieder hingehe. Mache ihn aufmerksam auf eine kurze Beschreibung des Cammerbergs bey Eger, die ich Herrn Leonhard in sein mineralogisches Taschenbuch gegeben habe. Auch von diesen bedeutenden Natur-Vorkommnissen kann ich einiges beylegen. Weißt du Jemand, dem mit dem Diplom der Naturforschenden Gesellschaft oder der mineralogischen gedient ist und der es werth wäre; so schreibe mir Namen und Charakter. Du hast, wie ich eben erinnert werde, schon einmal so etwas erwähnt, ich kann aber deinen Brief nicht sogleich finden.

Lebe recht wohl und mache den freundlichen und thätigen Wirth gegen die Mutter und Carolinchen. Ich möchte wohl bey euch seyn und einige schöne Stunden auf dem alten Schlosse zubringen.

Vielleicht sehen wir einander übers Jahr dort zusammen. Möge dir es wohl ergehen.

Weimar den 7. November 1808.

G. [203]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1808. An August von Goethe. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C80-4