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An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck

Abschrift.

Vor ein paar Tagen antwortete ich Herrn Nees v. Esenbeck, ihm für überschickte Sämereyn dankend, und fügte ein paar Tragen bey, deren eine ich hier berichtigen muß; ich frug unter andern ihn was eigentlich Arrarut sey? so buchstabirte ich diesen Namen, fand aber hinter drein, da der Brief schon abgegangen war, daß ich ihn falsch geschrieben hatte; Arrow-root muß dieser Name geschrieben werden. In Okens Botanik, 2. Abteilung, 1. Hälfte S. 700 fand ich unter Maranta indica, Pfeil-Wurzel! Auf der vorhergehenden Seite fand ich unten pp. Maranta L. und dabey die Anwendung: »Die Wurzeln heißen Topinambours und werden geröstet gegessen«. Nun ist mir unter diesem französischen Namen eine Kartoffel oder besser gesagt, erdäpfelige Pflanze gar wohl bekannt, die hier in großer Menge gebaut wird, hochstenglicht wächst und alle Winter im Freyen aushält. Soll denn diese Topinambours-Pflanze, die, wie [120] mir bekannt, aus Schweden zu uns gekommen ist und ein treffliches Viehfutter liefert, eine Maranta seyn? und in wahrer Verwandtschaft mit der Maranta indica, welche das Arrow-root, die Pfeil-Wurzel, liefert, stehn?

Wenn doch Herr Ness v. Esenbeck an Herrn Sabine in London die Bitte um einige Pflanzen des Mango, ein paar Exemplare für sich und ein paar für mich, ergehen ließe. Die Beschreibung steht in den neusten Heften des Journal der Royal Society; die Sendung derselben könnte nach Poppelsdorf geschehen; vielleicht wäre auch Samen dieser Pflanze daher zu erhalten, da sie in England reifet.

Vorstehendes Abschriftliche veranlaßt mich Ew. Hochwohlgeboren um einige Wochen früher zu schreiben, als es sonst geschehen wäre. Mein langes Schweigen möge durch die erste Lieferung meiner Werke bey meinen Freunden entschuldigt werden. Ein solches Unternehmen in Ganz zu bringen gibt so viel Beschäftigung, daß es einem fast reuen möchte es unternommen zu haben.

Auch ein Heft Kunst und Alterthum habe ich dieses Vierteljahr über zu Stande gebracht; ich sende es zunächst und vermelde noch Anderes. Herrn v. Niebuhr bin ich auch noch den verbindlichsten Dank für die römische Geschichte schuldig; ich habe sie gleich bey'm Empfang unaufhaltsam durch und durch gelesen [121] und mich daran erbaut. Haben Sie die Güte meine besten Empfehlungen an ihn auszurichten. Sobald ich einigermaßen Luft habe, trage ich selbst meine Schuldigkeit ab. Ich habe Pfingsten noch niemals so sehnlich herbeygewünscht. Möge alles um Sie zur rechten Zeit und Stunde bey Ihnen blühen und fruchten!

Herrn Dalton alles Freundliche!

Ew. Hochwohlgeb.

gehorsamster Diener

W. d. 4. Apr. 1827.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1827. An Christian Gottfried Daniel Neesvon Esenbeck. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9C8E-8