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An Johann Friedrich Cotta

Hierbey folgt das Versprochene über unsern trefflichen Landsmann Hackert für das Morgenblatt. Ob ich so glücklich seyn werde, etwas für den Damen-Calender schickliches zu finden, weiß ich nicht: denn ich habe in der Zeit zwar manches gearbeitet, das aber gerade in diesen Kreis nicht passt.

Über das mir mitgetheilte Scriptum habe ich mich wirklich verwundert. Denn ob man gleich recht wohl weiß, daß man Trauben nicht lesen kann von den Dornen, noch man feigen von den Disteln, so hätte doch hier der Stoff dem Schriftsteller nachhelfen sollen. Dagegen manifestirt sich mehr als jemals in diesen blättern das größte Ungefühl und ein völliger Mangel an Geschmack. Wie oft ist gegen den Euphemismus gesündigt! Genug es bleibt ein Muster, wie man eine solche Aufgabe nicht behandeln soll.

Das von Hackert hinterlassene Manuscript, größtentheils von seiner eigenen Hand, ist ein köstliches Denkmal; doch ohne vorgängige Redaction dem Publicum nicht zu übergeben. Ich werde die Sache durchdenken und überlegen, wie man es anzugreifen hat, [349] damit der Sache ihr Recht widerfahre. Gedruckt würde es etwa zwölf Bogen in Octav geben. Ich würde noch einige sehr interessante Briefe, die er mir in den letzten Jahren geschrieben, und eine treue Würdigung seines Kunsttalents hinzufügen. Auch ließe sich, wegen Kunstverwandtschaft und freundlicher Lebenstheilnahme, eine kurze Biographie des Herren Charles Gore, eines Engländers, dessen in der Hackertschen Biographie erwähnt wird, anschließen er lebte bey uns in Weimar in seinen letzten Lebensjahren uns ist erst vor kurzem gestorben. Eine große Sammlung von Zeichnungen, die er nach der Natur, meist durch die Camera obscura, auf seinen Reisen gefertigt und worunter die See- und Hafenprospecte wegen der vielen angebrachten Schiffe sehr merkwürdig sing, hat er der Weimarischen Bibliothek vermacht, und er würde interessant seyn, auch öffentlich seyn, auch öffentlich von dem zu sagen.

Ich lege einen Brief bey, den ich nach Florenz zu schicken bitte. Da ich ihn offen gelassen habe, werden Sie daraus ersehen, daß ein junger Mahler, Namens Titel, die Copie eines Portraits von Hackert offerirt. Das Original ist von Herr Faber im vorigen Jahre gemahlt und zwar nicht in allzugroßem Format. Ich glaube, es würde wohlgethan seyn, sich dieses Bildes zu versichern und es vor die Biographie stechen zu lassen. Sie würden dazu einen geschickten Künstler[350] wählen, deshalb ich auch wünsche, daß es geradezu an sie adressirt werde.

Gegenwärtig wüßt' ich weiter nichts zu sagen, als daß mir jetzt die Cur noch ganz wohl bekommt. Ich wünsche zu hören, daß Sie mit den Ihrigen sich auch befinden.

Carlsbad den 14. Junius 1807.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1807. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9CA3-3