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An Johann Heinrich Meyer

Graf Moltke sah ich gestern Abend bey Schiller, und wie es denn so geht wollte die Unterhaltung nicht recht interessant werden, ob gleich durchaus der beste Wille vorhanden war. Vielleicht ist es Ihnen [242] besser gegangen! Die Betrachtung von Kunstwerken vermittelt gar manches.

Es thut mir herzlich leid wenn ich schuld daran bin daß unsere schöne Göttin-Mutter nicht in Norden verehrt wird. Ich behielt sie hier, weil in der Regel hier immer eher ein Sümmchen Geldes los und locker ist als bey uns. Im ersten Momente da ich sie herüber brachte hatten die Portraitmahler so reine Wirthschaft gemacht daß für das Ideal gar nichts übrig blieb.

Unser Werk fördert gut. Die Etrurischen Briefe sind auch fort und meine Einleitung muß vor Sonntag fertig seyn. Ich fühle schon die bessern Einflüsse der akademischen Luft. Rafael ist ganz abgeschrieben und von mir schon durchgesehen und ajustirt. Heute erhält ihn Schiller. Niobe wird auch ins Reine geschrieben. Die Gegenstände sollen zugleich mit in Ordnung und dann wären wir auf die drey ersten Stücke geborgen.

Ich habe auch ein Verzeichniß der zunächst zu behandelnden Materien aufgesetzt, davon ich Ihnen eine Abschrift mittheilen will, damit Sie über das Aufgezeichnete gelegentlich denken und das Register aus Ihren Schätzen vermehren mögen. Wenn nur das erste gedruckte Heft in unsern Händen ist, dann werden Sie sehen wie lustig und gut die Sache gehen soll. Durch die Unterhaltung darüber mit Schiller habe ich wieder neuen Muth bekommen und er muß [243] früh oder spät auch mit heran, obgleich auf seine Mitwirkung, bey seiner sonderbaren Lage, nicht zu zählen ist.

Nächsten Sonntag den 12. hoffe ich Sie mit Professor Thouret hier zu sehen. Gehen Sie doch diese Woche ein wenig ins Schloß und ins Theater und sehen Sie wohin die Sache realiter und personaliter etwa hinaus will, damit wir bey der Conferenz ohngefähr wissen was zu erwarten und zu thun steht, und daß Sie mir Ihr eigenstes Gutachten in der Stille eröffnen können. Leben Sie recht wohl und erfreuen sich der hübschen kühlen halbumwölkten Tage die auf den einen heißen erfolgt sind.

Jena am 7. August 1798.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9CD4-6