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An Friedrich Schiller

Für das übersendete, über welches hier eine Quittung beyliegt, danke ich zum schönsten. Es scheint, da wir Dichter bey der Theilung der Erde zu kurz gekommen sind, uns ein wichtiges Privilegium geschenkt zu seyn, daß uns nämlich unsere Thorheiten bezahlt werden.

Das Gedicht, worauf ich hier anspiele, findet großen Beyfall, und die Leute sind höchst neugierig wer es wohl gemacht habe?

Übrigens sind gegenwärtig die Hundsposttage das Werk, worauf unser seineres Publikum seinen Überfluß von Beyfall ergießt, ich wünschte daß der arme Teufel in Hof bey diesen traurigen Wintertagen etwas angenehmes davon empfände.

Wenn jener Aufsatz sich nicht grade mit der bedenklichen Note schließt so wird dadurch ihre Wirkung geringer werden, und wir müssen abwarten was daraus erfolgt.

[347] Haben Sie beyliegenden Hymnus schon gesehen, mit dem man Sie beehrt hat? Ich habe ihn auf alle Fälle abschreiben lassen. Man sieht auch hieraus, daß man im literarischen jenen Sämann, der nur säete ohne viel zu fragen wo es hinfiel, nachahmen soll.

Von den Anmerkungen zu den Elegien wollen wir, so viel die Zeit erlaubt, Gebrauch machen. In so einer wunderlichen Sprache wie die deutsche ist, bleibt freylich immer etwas zu wünschen übrig.

Zum Innerstücke arbeitete ich gerne etwas, aber der Roman nimmt mir jetzt, zu meinem Glücke alle Zeit weg. Dieser letzte Band mußte sich nothwendig selbst machen oder er konnte gar nicht fertig werden, und die Ausarbeitung drängt sich mir jetzt recht auf, und der lange zusammengetragene und gestellte Holzstoß fängt endlich an zu brennen.

Länger als Februar rath ich den Staelischen Aufsatz nicht zurück zu schieben, weil Ostern derselbe nebst den Erzählungen wahrscheinlich übersetzt erscheinen wird. Die französischen Exemplare fangen an sich in Deutschland auszubreiten.

Vielleicht kann ich zum März jenes zweyte Mährchen, von dem ich eine Skizze vorgetragen, fertig schreiben und dabey mit einem kleinen Eingang über die Auslegung des ersten wegschlüpfen. Daß dieses seine Wirkung nicht verfehlt sehen Sie aus beyliegendem Briefe des Prinzen.

Es wäre sehr gut, wenn man von der religieuse [348] für die Horen Gebrauch machen könnte. Sie könnten dazu die Erlaubniß durch Herdern am besten erhalten; ich mag nicht gerne darüber anfragen, weil mir bey dieser Gelegenheit die Travestirung der Claironischen, Geschichte könnte zu Gemüthe geführt werden.

Iffland kommt sobald nicht, sie sind von den Überwindern in Mannheim zu spielen gezwungen. Gegen Ostern oder nach Ostern hofft er zu kommen.

Ich bereite mich Sie aufs Neuejahr besuchen zu können, denn mich verlangt sehr den ganzen Kreis Ihrer theoretischen Arbeiten nun einmal mit Ihnen zu durchlaufen und mich dadurch zu den Arbeiten, die vor mir liegen, zu stärken. Ich habe Ihre Principien und Deductionen desto lieber, da sie mir unser Verhältniß sichern und mir eine wachsende Übereinstimmung versprechen, denn leider sind es öfter die Meinungen über die Dinge als die Dinge selbst wodurch die Menschen getrennt werden, wovon mir in Weimar die betrübtesten Beyspiele täglich erfahren.

Leben Sie recht wohl und grüßen die liebe Frau. Wird denn ein wenig gezeichnet?

W. d. 15. Dec. 1795.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1795. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9D19-6