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An Johann Heinrich Meyer

Ich schicke einen Boten damit einiges geschwinder gehe. Sie erhalten:

[308] 1.) Die Abschrift der Abhandlung über Rafael, welche ich durchzusehen bitte, auch werden Sie die Güte haben über die Noten die gewöhnlichen Linien zu ziehen, um Freytag Abend das Packet an Cotta abzuschicken.

2.) Erhalten Sie auch was Unger geschickt hat. Bey den Englischen Holzschnitten ist manche Betrachtung anzustellen. Bey der Jagd (The Chase) sind die Titelstöcke vor den Büchern wirklich außerordentlich schön und ich bin neugierig in den Preußischen Annalen wieder zu lesen was Unger eigentlich dagegen einwendet. Denn da Unger doch selbst bey seiner schraffirten Manier auf Haltung Anspruch macht, so sehe ich nicht ein, wie man einem Holzschneider verbieten könnte an sich die Forderung zu machen, im Ausdruck noch weiter zu gehen und die tiefen Schatten, so wie die dunkeln Lokaltinten, durch ganz schwarze Partien auszudrucken, besonders wenn er jene durch helle Striche und diese durch charakteristische Umrisse zu beleben weiß, wie bey dem Tigerfell und den Hunden, die ich gezeichnet habe, geschehen ist. Übrigens kann wohl seyn daß diese Art weniger Abdrücke verträgt als die gemeine.

Die beygelegten vierfüßigen Thiere wollen vorn herein nicht viel sagen, der gekämmte Pelz nimmt sich gar trocken aus. Die drey letzten scheinen mir bey weiten die besten.

Die kleinern Stücke, die wir von Schlegeln schon[309] haben, liegen auf dem Bücherbret, in meiner Stube, an der Thüre. Mich verlangt nun zu wissen was Sie zu dem allen sagen.

Wir brauchen zwar nur noch wenig zu dem zweyten Stück, indessen wird eine kleine Abhandlung noch immer willkommen seyn.

Ich lege auch hier den Schelling für Herdern bey und wünsche daß er ihm keine unangenehme Sensation machen möge.

Das Packet mit Schriften und Recensionen hat Geist schon das vorigemal an die Litteratur abgeben lassen. Doch wollen wir uns nochmals darnach erkundigen.

Gernings Sachen wollen wir ansehen, nicht loben und nicht schelten. Vielleicht erhaschen wir was gutes daraus.

Montesquieus Abhandlung erinnre ich mich nur dunkel, theilen Sie mir doch solche mit.

An meiner Arbeit ist noch wenig ausgeführt, desto mehr aber schematisirt worden, worauf denn doch am Ende alles ankommt, weil man geschwinder übersieht wo Lücken sind und ob man die rechte Methode ergriffen hat. Schiller hilft mir durch seine Theilnahme außerordentlich, indem die Sache, weil ich doch gar zu bekannt damit bin, mir nicht immer ganz interessant bleiben will. Über die verschiednen Bestimmungen der Harmonie der Farben durch den ganzen Kreis hat er sehr schöne Ideen, die eine große [310] Fruchtbarkeit versprechen, wovon Sie künftig das mehrere vernehmen werden. Leben Sie indessen recht wohl und halten Sie sich fest in diesen andringenden Wintertagen. Jena am 15. Nov. 1798.

Grüßen Sie mir unsere kleinen und kleinsten Hausfreunde.

Beyliegender Brief geht Freytag Abends an meine Mutter ab.

Schicken Sie mir durch den rückkehrenden Boten noch die Exemplare der Propyläen, welche auf dem Bücherbret in meinem Zimmer an der Thüre liegen, so wie auch ein wenig geriebenes Berlinerblau.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9D3B-9