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An Charlotte von Schiller

Ihr letzter freundlicher Brief, theuerste Freundinn, ist zur guten Morgenstunde angekommen und mir sehr erquicklich gewesen. Man sollte wirklich nicht alles mit sich selbst verarbeiten, sondern manchmal eine kleine Beschwerde führen, damit man so freundlich zurecht gewiesen und über sich selbst aufgeklärt würde. Kaum darf ich hoffen, Sie wieder zu sehen. Denn ob ich viel zumuthen, und für kurze Zeit in Weimar wieder anzuknüpfen, um sich sogleich wieder loszureißen, wäre etwas das mich mehr agitirte als[272] vieles andre. Nehmen Sie deswegen vorläufig ein herzliches Lebewohl. Mögen Sie mich in meiner Abwesenheit erfreuen, so erzeigen Sie den Meinigen etwas Gefälliges, die ich wieder, wahrscheinlich länger als billig ist, allein lasse. Verschaffen Sie meiner Frau das Glück, Frau von Humboldt kennen zu lernen, und empfehlen mich dieser lieben Freundinn aufs allerbeste, die ich leider bey ihrer Durchreise nicht begrüßen kann. Tausend Gutes und Liebes an Frau von Wolzogen! Wie ich im Wagen sitze, um von hier abzufahren, so wird schon wieder für die Freundinnen gearbeitet, und zu Michael werden sie genöthigt seyn, mit dem alten Wilhelm die Wanderschaft anzutreten, wo sie mancherley irdischen und himmlischen Heiligen begegnen sollen. Glücklicherweise habe ich wieder eine von der ersten Sorte adoptirt und ich hoffe sie nicht übel auszustatten. Leben Sie recht wohl und empfehlen mich an guten Orten und Enden. Da ich nicht weiß, ob ich Herrn Cotta hier sehe; so lege ich ein Briefchen für ihn bey. Grüßen Sie ihn zum schönsten und bereden ihn, daß er den Umweg nicht scheue.

Jena den 5. May 1810.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An Charlotte von Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9D63-D