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An Bernhard August von Lindenau

Die unangenehme Empfindung, welche mir dadurch erregt worden, daß ich Ew. Hochwohlgeb. in Jena und Weimar verfehlt, wurde durch Ihren gütigen Brief, den ich vorfand, sehr gemildert, welcher mir ein vielfaches Vergnügen verschaffte. Ich sah daraus, daß Sie Ihre Reise glücklich zurückgelegt, daß Sie das von mir nachgesendete zutrauliche Schreiben nachsichtig aufgenommen und mein Gesund freundlich beachten wollen.

[93] Die kleine Sammlung, deren reichliche Vermehrung durch Ihre Güte ich dankbarlichst anerkenne, verschaffte mir auch dießmal einen mannigfaltigen Genuß, indem ich Ew. Hochwohlgeb. auf Ihren Reisen unmittelbarer begleiten und mir die trefflichen Männer vergegenwärtigen kann, mit denen Sie in Berührung gekommen. Setzen Sie Ihre Güte für mich fort und bleiben Sie, sowohl bey Ihrem Aufenthalt in der Nachbarschaft als bey Ihren ferneren Reisen zu Land und zu Wasser, meiner eingedenk, so wie meines aufrichtigen Antheils immer versichert, den ich an den Fortschritten der großen Wissenschaft so wie an allem dem, was Sie persönlich Schönes und Gutes leisten, und an Allem, was Ihnen Glückliches geschehen wird, immerfort nehmen werde.

Ich glaube mich hierzu um desto mehr berechtigt, als Sie den Bemühungen des Herrn von Münchow in Jena Ihre Aufmerksamkeit und Theilnahme schenken und mit demselben und seiner kleinen Anstalt immer in Verbindung bleiben werden; wie denn überhaupt Ihr herrliches Fach (wenn man Fach nennen darf, was alles umschließt) das Glück hat, daß alle, die sich demselben widmen, nothwendig in Verbindung bleiben müssen und gar nicht wirken könnten, wenn sie nicht zusammenwirken, wodurch denn ein allgemeines Wohlwollen unter den Theilnehmenden entsteht und alles Mißwollen verschlungen wird. Möchte doch andern Wissenschaften ein gleiches [94] Glück gegönnt seyn. Ew. Hochwohlgeb. haben gewiß die Güte, außer der allgemeinen Verbindung, den Jenaischen östlichen Vorposten Ihrer großen Anstalt noch besonders freundlich zu behandeln, der auch mich um desto mehr interessirt, als er mir Hoffnung giebt, noch vollbrachter Einrichtung Dieselben auf längere Zeit bey uns zu sehen und gleichfalls für meine Person in ein näheres Verhältniß mit Denenselben zu treten.

Der ich die Ehre habe, mich mit gefühlter Hochachtung zu unterzeichnen

Ew. Hochwohlgeb.

ganz gehorsamster Diener

Weimar den 17. September

J. W. Goethe.

1812.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Bernhard August von Lindenau. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9D90-5