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An Friedrich Schiller

Künftige Woche denke ich soll nicht verfließen ohne daß wir uns wieder zusammen befinden. Alle die Geschäfte auf die ich Einfluß habe sind im Gange, und werden nun wohl ihren Weg fortschreiten. Es wird mir nun ein großes Bedürfniß tausend Ideen Raum und Ordnung zu verschaffen, wozu mir nur die Jenaische absolute Stille und Ihre Nähe verhelfen kann.

Ich lege ein paar wunderliche Briefe bey, die Ihnen ein Abentheuer erzählen werden, das in unsern Tagen seltsam genug klingt. Ich kenne die Leute selbst und die Blätter bürgen schon für ihre eigne Wahrheit.

[95] Den französischen Aufsatz über Herrmann habe ich nun noch einmal, und zwar mit Ihren Augen, angesehen und ihn denn auch von der Art gefunden daß man damit nicht ganz unzufrieden seyn solle, ja er wäre ein Wunder wenn ihn ein Franzos geschrieben hätte; es ist aber ein Deutscher wie ich wohl weiß. Übrigens wird es künftig ein wunderlich Amalgam geben, da so vieles übersetzt wird und unsere Litteratur in verschiednen Fächern mehr Thätigkeit hat als die beyden andern.

Die armen Berner haben also eine traurige Niederlage erlitten. Meyer fürchtet daß sich nun ein Kanton so nach dem andern todtschlagen lassen, denn in ihrer Vorstellungsart sind sie immer noch die alten Schweizer, aber der Patriotismus so wie ein persönlich tapfres Bestreben hat sich so gut als das Pfaffthum und Aristokratismus überlebt. Wer wird der beweglichen, glücklich organisirten und mit Verstand und Ernst geführten französischen Masse widerstehen. Ein Glück daß wir in der unbeweglichen nordischen Masse stecken, gegen die man sich so leicht nicht wenden wird.

Wenn es Ihnen an Zerstreuung und um allerley fremdes an Planen, Aufsätzen und Einfällen zu thun ist, damit kann ich aufwarten, was ich mitbringe wird nicht viel unter einem Ries Papier betragen.

Nach Ihrer Herreise frage ich also nicht mehr, da Sie nur einen Tag dazu verwenden wollen, so schadet[96] es nichts wenn ich auch schon drüben wäre. Leben Sie recht wohl, grüßen Sie Ihre liebe Frau und arbeiten Sie so fleißig als möglich seyn will.

Weimar am 17. März 1798.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1798. An Friedrich Schiller. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9DBE-1