47/249.

An Thomas Carlyle

Abschrift.

Wie in unsrer Zeit eine auf Literatur, Wissenschaft oder Kunst gerichtete Bestrebung nicht wohl entstehen oder vorschreiten kann, ohne dem belebenden Einflusse Ew. Excellenz zu begegnen, so mußten auch wir bey unsrer ersten Vereinigung, so bescheiden ihr Zweck war, sogleich dieses Einflusses gedenken, ja sie gleichsam darauf gründen, und durften uns erlauben, dieses zutrauensvoll auszusprechen. Die hierauf erfolgte, auf unsre Vorsätze so aufmerksam eingehende und auf ihre Förderung bedachte Theilnahme erhöhte das Gefühl dankbarer Verehrung, wovon jeder von uns schon erfüllt war.

[297] Wie wir nun unser eignes Streben und unser Verhältniß zu Ew. Excellenz betrachten, dieses ist von Mitgliedern unsrer Gesellschaft bey der Feyer des Festes, das für Deutschland ein Nationalfest geworden ist, so ausgesprochen worden, wie es die beygehenden Blätter bekunden. Eben waren wir im Begriff, Ihnen von jener Feyer, von welcher unser Mitglied Carl Streckfuß vorläufig mündlichen Bericht zu erstatten übernahm, durch die Anlage Rechenschaft abzulegen, als uns durch ein, fortgesetztes freundliches Andenken bezeugendes, Schreiben Ew. Excellenz vom 28. August d. J. und das demselben beygefügte Geschenk die freudige Überraschung zu Theil wurde, daß Sie an jenem denkwürdigen werthen Tage selbst in liebreicher Theilnahme unsrer gedacht, und dadurch einer so köstlichen Gabe den höchsten Werth zu verleihen, ja daß Sie unsere Bestrebung durch öffentliche Billigung anzuerkennen, und durch die eingeleitete Verbindung mit einem durch Ihre Freundschaft begünstigten Manne fruchtbar zu fördern gewürdigt haben. Wenn nun wahrhafte Dankbarkeit für jede edle Gabe am besten durch eine dem Sinn und der Absicht des Gebers entsprechende Benutzung bewiesen wird, so glauben wir die unsrige am deutlichsten dadurch zu erkennen zu geben, daß wir unsre Thätigkeit sofort nach dem angedeuteten Ziele hinrichten. Eines unsrer Mitglieder, Phillipp Kaufmann, hat sich durch eine so ehrenvolle Aufforderung sogleich veranlaßt gefunden, eine Nachbildung der Gedichte von Robert Burns zu unternehmen, und wird uns Proben seiner Arbeit in den nächsten Sitzungen vorlegen. Um jedoch den Beruf dieses jungen Gelehrten zu einer solchen Arbeit durch frühere Leistungen zu begültigen, erlauben wir uns, hierbey den ersten Band der von ihm begonnenen und mit Beyfall aufgenommenen Übersetzung des Shakspeare zu überreichen.

[298] Herrn Th. Carlyle, der das unschätzbare Glück genießt, seine literarische Thätigkeit durch Ihren Rath geleitet, durch Ihre Mitwirkung gefördert, durch Ihre Freundschaft erhöht und belebt zu sehen, und der dieser Gunst des Geschicks so würdig ist, glaubten wir unsre hohe Achtung und den Wunsch einer nähern Verbindung mit ihm am deutlichsten dadurch zu beweisen, daß wir ihn einmüthig zum auswärtigen Mitgliede unsrer Gesellschaft ernannten. Nachdem Ew. Excellenz diese Verbindung eingeleitet, ja durch die Aneignung seines unserm unvergänglichen Schiller geweihten Werkes ihn gleichsam schon zu dem unsrigen gemacht haben, dürfen wir hoffen, daß er unsrer Einladung zur gemeinsamen Förderung des hohen Zweckes folgen werde, und bitten Sie dieses unser lebhaftes Verlangen durch Ihre gütige Vermittelung an ihn gelangen zu lassen.

Wir schließen mit dem Wunsche, der für jeden edelgesinnten Deutschen zum Gebet wird, daß der Himmel dem Vaterland Ihr Leben noch lange Jahre erhalten möge, dieses Leben, wovon jeder Moment ein befruchtender Keim ist zur Veredlung und Erhebung für Zeit und Nachwelt.

Beschlossen Berlin in der Versammlung vom 24. September 1830.

Die Gesellschaft der ausländischen Literatur.

Hitzig.


Mein letztes Schreiben vom 5. October wird indessen zu Ihnen, mein Theuerster, gelangt seyn, worin ich zugleich das Decret abschriftlich eingeschaltet habe, welches Sie zum auswärtigen Mitgliede der Gesellschaft für ausländische Literatur zu Berlin ernennt. Gegenwärtig theil ich das Schreiben gleichfalls in Copia mit, wodurch jenes eingesendet ward. Ich freue[299] mich daß Sie durch diese Vermittlung ein Verhältniß in Deutschland gewinnen das Ihnen in der Folge in manchen Fällen nützlich werden kann.

Wenn uns die Zeit mit dem Verluste älterer Freunde bedroht, so müssen wir suchen uns jüngeren anzuschließen. Von der Société St. Simonienne bitte sich fern zu halten. Auch hierüber gelegentlich das Nähere.

Treulichst

Weimar den 17. October 1830.

J. W. v. Goethe.


Einen unvergleichliche schwarze Haarlocke, veranlaßt mich noch ein Blättchen beyzulegen und mit wahrhaftem Bedauern zu bemerken: daß die verlangte Erwiederung leider unmöglich ist. Kurz und mißfärbig, alles Schmuckes entbehrend, muß das Alter sich begnügen wenn sich dem Innern noch irgend eine Blüte aufthut, indem die äußere verschwunden ist. Ich sinne schon auf irgend ein Surrogat, ein solches zu finden hat mir aber noch nicht glücken wollen. Meine schönsten Grüsse der würdigen Gattin.

Möge das Kästchen glücklich angenommen seyn!

G.

Der annotierte Datenbestand der Digitalen Bibliothek inklusive Metadaten sowie davon einzeln zugängliche Teile sind eine Abwandlung des Datenbestandes von www.editura.de durch TextGrid und werden unter der Lizenz Creative Commons Namensnennung 3.0 Deutschland Lizenz (by-Nennung TextGrid, www.editura.de) veröffentlicht. Die Lizenz bezieht sich nicht auf die der Annotation zu Grunde liegenden allgemeinfreien Texte (Siehe auch Punkt 2 der Lizenzbestimmungen).

Lizenzvertrag

Eine vereinfachte Zusammenfassung des rechtsverbindlichen Lizenzvertrages in allgemeinverständlicher Sprache

Hinweise zur Lizenz und zur Digitalen Bibliothek


Holder of rights
TextGrid

Citation Suggestion for this Object
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1830. An Thomas Carlyle. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9DC6-D