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An August Claus von Preen

Ew. Hochwohlgeboren

haben die glückliche Gabe vom Himmel erhalten, Ihren Freunden gerade etwas eigenthümlich Angenehmes zu erweisen, und diese wird denn auch wie billig vom Glück begünstigt, so daß es immer zu rechter Zeit und Stunde geschieht.

So gelangte denn eben auch die höchst erfreuliche Sendung mir zur Hand, eben da ich von Berliner Freunden Musterstücke von solchen gleichfalls in jener Gegend umhergestreuten Urgebirgsblöcken erhalte. Schwer zu entziffern möchte fürwahr dieses geologische Phänomen seyn, welches wunderbar genug sich bis zu uns auf unsere Kalkflötze erstreckt. Bey [246] Eckartsberg liegen Granitblöcke, die Bestandtheile sehr groß, besonders der Feldspath, welcher von hochrother Farbe ist; über ganz Thüringen sind dergleichen ausgesäet. Sobald ich aus Carlsbad zurück bin, sende davon Musterstücke.

Der Almandingranit ist von der größten Schönheit; in meiner ganzen Sammlung, worin sich auch viele russische befinden, ist dergleichen nicht zu sehen; besonders danke für die ansehnliche Größe der Platte, woran man die Eigenschaften des Steins erst recht erkennen kann. Wundersam genug ist es, daß die Almandine zugleich mit dem Grunde im Werden begriffen gewesen, da denn ihre Neigung sich zu crystallisiren durch eilige Solidescenz gestört worden.

In Böhmen war mir immer ein selten vorkommender Gneis merkwürdig, die Feldpath-Flasern sind ihrer Intention nach Zwillingscrystalle, den bekannten Carlsbader ähnlich, aber durch die Einwirkung des Glimmers verflächt und einigermaßen verunstaltet. Machen Sie doch Ihre Freunde aufmerksam auf diese mir höchst wichtige Gebirgsart, wahrscheinlich findet sie sich auch bey Ihnen, denn aus den Berliner Geschrieben habe dergleichen erhalten.

Was die Wanderung der Granitblöcke betrifft, so will ich gestehen daß Bergrath Voigt zu Ilmenau schon von vielen Jahren auf den Gedanken gekommen, obenerwähnte bey uns zerstreute Blöcke einem solchen Eistransport zuzuschreiben, ich erinnere mich jedoch [247] nicht, ob er diesen Gedanken habe in Druck ausgehen lassen.

Auch Herrn Doctor Siemssen danken Sie vielmals für die übersendeten Fossilien; es ist sehr wichtig die einzelnen Mineralien wie Augit, Kokkolith pp. hier anzutreffen. Der Sandstein, mit Mangan in den Höhlungen, ist mir gleichfalls sehr bedeutend. Den besten Dank daher für alles Mitgetheilte.

Bey meiner Rückkehr nehme mir die Freyheit einiges von geologischem Werthe mitzutheilen.

Nun aber noch eine Bitte, damit ich ja nicht aufhöre Ihr Schuldner zu seyn. Ist nämlich die Umgebung des Blücher'schen Monuments vollendet, fängt die Pflanzung an sich munter zu erheben: so erbitte mir eine Zeichnung der ganzen Anlage und des mir in mancherlei Sinne höchst werthen Standbildes. Ich werde mich dabey der guten Zeit erinnern, wo ich das Glück hatte, über diesen Gegenstand mit Ew. Hochwohlgeboren öfters vertraulich zu conversiren, wobey ich nicht weniger mich jederzeit erfreuen werde daß Ihre bedeutenden und das Unternehmen einzig fördernden Bemühung von einem so glücklichen Erfolge gekrönt worden.

gehorsamst

Weimar den 18. April 1820.

J. W. v. Goethe. [248]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1820. An August Claus von Preen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E20-C