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An Johann Friedrich Cotta

Ew. Wohlgeb.

habe ich sehr um Verzeihung zu bitten, daß ich auf Ihr werthes Schreiben vom Ende May, dessen Inhalt ich dankbarlich zu erkennen habe, noch nicht geantwortet; ich kann aber zu meiner Entschuldigung anführen, daß seit dem Empfang desselben Gutes und Böses im hohen Grade bey mir so schnell abgewechselt, daß mir die nächstvergangene Zeit jetzt, da ich darüber nachdenke, wie ein Traum erscheint.

Bey meinem Aufenthalt in Töplitz habe ich nicht versäumt, nach Ihrem Wunsch wegen Verhinderung des Nachdrucks meiner Arbeiten zu sprechen. Man glaubt, daß demselben einzig durch ein Kaiserlich Östreichisches Privilegium zu begegnen sey, zu dessen Erlangung man mir kräftige Unterstützung zugesagt hat. Wie die Einleitung zu machen, werden Ew. Wohlgeb. bey Ihrer Kenntniß der vorigen und gegenwärtigen Zeiten bestimmen können. Übrigens interessirt man sich dort sehr für eine neue und vollständige Ausgabe meiner Werke, worin man so viel als möglich [69] aufgenommen wünscht; dabey glaubte man sogar, durch den Druck der Degenschen Officin verwöhnt, wo nicht eine Prachtausgabe, doch wenigstens eine sehr elegante erwarten zu können. Hierbey habe ich freylich den Zustand des deutschen Buchhandels anführen und eine Entschuldigung eines vielleicht weniger in die Augen fallenden Druckes einleiten müssen. Es ist wohl wahr, wenn man z.B. Lettern, Stellung und Papier der Werke des Abbate Bondi ansieht, so gesteht man gern, daß dergleichen Bände wohl würdig sind, den Majestäten dedicirt zu werden und man fühlt den Druck der Zeiten erneut, wenn man sich sagen muß, daß man eine ähnliche Ausgabe seiner eignen Werke den nachkommen zu überlassen hat. Personen von Ansehen haben sich unaufgefordert erboten, Subscription in Wien auf eine neue Ausgabe zu sammeln und die Liste alsdann demjenigen Commissionair zu übergeben, welchen die Verlagshandlung bestimmen würde.

Um nun also zu einem so bedeutenden Vorhaben den ersten Schritt zu thun, werde ich, sobald ich nach Hause komme, meine Gedanken aufsetzten, wie bey der neuen Ausgabe in Absicht auf ihren Inhalt zu verfahren seyn möchte, um mir sodann darüber Ihr einsichtiges Gutachten zu erbitten.

Wäre noch ein Velin Exemplar unserer Ausgabe vorhanden, so wurde ich Ew. Woglgeb. darum ersuchen, im solches Ihro Majestät der Kaiserinn vorzulegen, [70] welche nur ein ganz ordinaires besitzt, aus welchen ich das Glück hatte, derselben in diesen vier Wochen gar manches vorzulesen. So wünschte ich auch, wenn es möglich wäre, noch ein Exemplar auf Schreibpapier zu erhalten, wäre es auch gleich schon gebraucht; ich würde es benutzen, um die notierten Correcturen reinlich darin einzutragen und auf diese weise einen sicheren correcten Abdruck vorzubereiten.

Soviel von dem Zukünftigen, von dem ich noch manches sagen konnte, was bey zweckmäßiger und bescheidener Thätigkeit sehr zu unserem Vortheil gereichen kann. Was das Gegenwärtige betrifft, so sind drey Bücher des biographischen zweyten Bandes an Herrn Frommann abgegangen; an den beyden übrigen soll es zur rechten Zeit auch nicht fehlen.

Ich werde in diesen Tagen eine Assignation von 200 rh. auf die Herrn Frege in Leipzig ausstellen und ersuche Ew. Wohlgeb. in Befolg dieses um gefällige Berechnung und allenfallsige Anweisung dessen, was mir Michaelis übrig bleibt.

Der ich die Ehre habe, mich mit vorzüglicher Hochachtung zu unterzeichnen.

Ew. Wohlgeb.

ganz ergebenster Diener

J. W. Goethe.

Carlsbad den 14. August 1812.
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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1812. An Johann Friedrich Cotta. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E2C-3