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An den Herzog Carl August

Wenn Ew. Durchl. wissen könnten, wie günstig iene letzte nächtliche Unterhaltung bey mir nachwirkt und den Wunsch nach ähnlichen Stunden erregt, so würden Sie fühlen in welchen Zustand mich Ihr Gestriges versetzt hat. Ich brachte den Abend zu, mehrere Blätter mit der Schilderung meines Zustandes zu füllen, heute Morgen als sie der Bote abholen will kann ich sie nicht wegsenden. Unsre heimlichen Lasten, geheime Gebrechen, stillen Leiden nehmen sich auf dem Papiere nicht ergötzlich aus und warum soll ich nicht lieber, wie so vieles andre auch die Erlaubnis grade von hier in's Carlsbad gehen zu dürfen ganz allein Ihrer Güte und Nachsicht verdancken.

Alles was mir in Geschäften obliegt, ist Theils schriftlich, Theils mündlich auf das Beste besorgt und ich hoffe zu Ew. Durchl. Zufriedenheit.

Nur mit schwerem Herzen bitte ich mich von einer Tour nach Weimar zu dispensiren, da mir die letzte nach Hohlstedt zu Geh. R. Voigt sehr übel bekommen ist. Mehr darf ich nicht sagen um nicht wieder in die Litaney meiner gestrigen Blätter zu fallen.

[276] Voigt sollte jede Stunde ankommen, bey Sonderung der Saamen würde ich wenig durch meinen Beyrath nutzen. Darf ich vielleicht Wagnern schicken, den ich mitgebracht hätte, weil er in diesen Dingen genaue Kenntniß hat. Mögen Ew. Durchl. was sonst zu besorgen oder zu bedenken wäre mir schriftlich gnädigst anzeigen, was Ihnen so leicht wird und ia wohl auch selbst im engeren Bezirck der Stadt geschieht. Ich werde nicht verfehlen alles aufs beste zu besorgen und zu überlegen.

Noch immer komme ich, indem ich dieses schreibe in Versuchung dieses Blat abermals und zwar durch meine Abreise nach Weimar zu vernichten; aber meine letzte Erfahrung und das nächste Beyspiel unsers guten Starcke schüchtert mich zurück. Und so habe ich keinen sehnlichern Wunsch als daß Ew. Durchl. mich bald aus der Verlegenheit reißen und mich versichern mögen daß ich nicht mißfällig geworden.

Die päpstliche Münze intriguirt mich. Pius der sechste könnte sich allenfalls in meinen Garten verlohren haben; vom siebenten begreif ich es nicht.

Die Unruhe Ew. Durchl. zu Willen zu leben bringt mich zu dem Entschlusse Wagnern gleich selbst zu schicken, wodurch wenigstens dem dringenden abgeholfen wird und er Saamen und Capseln und andre Dinge gleich sichten kann.

Indessen wird Voigt ja wohl ankommen.

Wegen dieses letztern habe ich mit Geh. R. Voigt[277] neulich gesprochen und werde wegen des ihm gegönnten Vorschusses und sonst nächstens einen Aufsatz einreichen welchen, so wie er zum Vortrag kommt, Ew. Durchl. zu gnädiger Aufmercksamkeit empfehle, so wie einiges andre unsre hiesigen wissenschaflichen Anstalten betreffend.

Die Farbenlehre ist noch nicht vom Stapel gelaufen und macht zuletzt noch, wo alles zusammentreffen soll, noch viel Unruhe und Mühe. Ew. Durchl. nehmen gewiß gnädig auf daß ich in dem Capittel Confession des Verfassers betittelt, kurz und bündig ausgesprochen habe wieviel ich Ihnen schuldig bin.

Mich zu Gnaden empfehlend

Jena 7. May 1810.

Goethe.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E6B-4