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An die Hoftheater-Commission

Einer Groß-Herzoglichen Theater-Commission ist gewiß noch erinnerlich, daß, eh unser Theater auf dem hohen Grade der Bildung stand wie gegenwärtig, Schauspieler sich manchmal erdreisteten über aufzuführende oder aufgeführte Stücke mißbilligend zu sprechen und dadurch die wohlgesinnten Glieder der[265] Gesellschaft, ja das Publicum irre zu machen. Durch diensame Bemerkung ward endlich dieses Übel völlig getilgt, so daß mir wenigstens keine Spur mehr davon vorgekommen ist.

Nun aber scheint sich diese Roheit im Orchester einzufinden, indem ich, von vielen Seiten, hören muß, daß Glieder der Capelle, im höchsten Grad der Unverschämtheit, gegen des Epimenides Erwachen und dessen Musik leidenschaftlich auftreten, so daß man nicht weiß, ob man über Gemeinheit oder Dünkel sich mehr verwundern solle. Läßt man ein solches Verfahren ungeahndet, so hängt es in der Zukunft von solchen sinnlosen Menschen ab, ein, mit so vielem Bedacht, Sorgfalt, Mühe und Kosten zu Stande gebrauchtes Werk zu verschreyen und dessen Wiederholung zu verhindern.

Die Sache betrifft mich so nah, daß ich Großherzoglicher Commission die Maaßregeln deshalb völlig überlassen muß, nur das erkläre ich, daß keine auf meinen Text neucomponirte Oper hier am Orte jemals aufgeführt werden kann, damit mir dieser schöne und wichtige Theil unserer theatralischen Darstellungen nicht noch mehr Verdruß errege, als bisher schon geschehen ist.

Großherzoglicher Commission, wie obgedacht, die deshalb räthlichen Verfügungen nach Überzeugung, auch ohne meine Concurrenz, zu geneigter Ausfertigung überlassend.

Weimar den 18. Febr. 1816.

Goethe. [266]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1816. An die Hoftheater-Commission. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E71-3