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An Johann Heinrich Meyer

Ich muß, mein l. Meyer, nur noch einmal schreiben damit Sie doch auch wissen wie es uns hier geht. Meine kleine Haushaltung zeigt wenig neues, seitdem ich in meinen kleinen Stuben bin arbeite ich fleißig [193] an allerley. Der erste Band des Romans ist abgegangen, und wird noch zu Michael erscheinen. Einige Opern habe ich angefangen und in opticis et anatomicis manches gethan. Der Hof ist nach Eisenach und um dem einen Theil der noch übrigen Freunde zu gefallen müßte man auf die Könige schimpfen und um dem andern Freude zu machen müßte man eine Sängerinn loben, und weil nun beydes böse Aufgaben sind, so bleibt man zu Hause. Schiller ist jetzt bey mir und von sehr guter Unterhaltung, insofern es seine Kranckheit erlaubt. Er freut sich sehr auf Ihre Bekanntschaft. Ramdohr war einige Tage hier und einigemal bey mir, er hat sich gut und gescheit gegen mich betragen, darob er gelobt werden soll, wie Sie das Nähere mündlich hören werden; übrigens hat er sich durch sein viel– und absprechen eben auch hier nicht viel Freunde gemacht.

Böttcher tat mir Ihr gemeinsam Werck überbracht und auch der Herzoginn zu Füßen gelegt, wobey Bertuch als Assistente gegenwärtig war und auch sein Blättchen vom Lorberkranz, industriose, abzupfte, woran der Autor nicht wenig Ärgerniß nahm.

Das Prisma ist glücklich angekommen, ist aber nicht ganz wie es seyn sollte. Doch da ich eben eins aus England erhalte, so kann ich diese einzelnen Keilchen sonst brauchen.

Wollten Sie doch den Dresdner Opticus fragen: ob er sich der Lorgnette erinnert die ich bey mir hatte?[194] sie besteht aus zwey Gläsern die aber so wenig concav geschliffen sind daß sie fast gar nicht verkleinern. Fragen Sie ihn was er für eine solche, sauber gefaßt haben wolle und wann er sie zu liefern gedächte? Allenfalls schicke ich Ihnen meine Lorgnette hin damit er nicht irren kann. 1

Mit den Spiegeln wollen wirs gut seyn lassen, diesen Winter werden doch die Stuben nicht fertig und es ist immer wieder was gespaart, wenigstens verschoben.

Könnten Sie aber, entweder ohne oder mit und durch Racknitz, mir eine Scheibe von Beinglas, aber nicht rauh geschliffen, und halbdurchsichtig etwa in der Größe von einem halben Schuh ins Gevierte verschaffen, so geschähe mir ein großer Dienst zu meinen optischen Arbeiten.

Wie sieht es mit den Stahlspiegeln aus?

Böttcher sagt mir daß Wacker seine Sammlung und Bibliotheck im Ganzen gerne verkaufte. Da wird ja wohl Ihre special Negotiation kaum reuissiren.

Von der Idee die Böttcher bey mir angebracht hat mündlich.

Die Kleine grüßt, das Bildchen hat große Freude gemacht.

Ihre Stube ist in Ordnung und ein großer Ofen, [195] von außen zu heizen, hineingesetzt. Leben Sie recht wohl und lieben mich. W. d. 15. Sept. 1794.

G.


Note:

1 Ich lege sie gleich bey das ist das Beste: bestellen Sie nur gleich eine in Schildkrötte gefaßt.

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1794. An Johann Heinrich Meyer. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E76-A