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An Sulpiz Boisserée

Hiebey mein Werthester! die letzten Bogen, denen ich ein günstiges Wohlgefallen, die schon keimenden Blätter, denen ich ein glückliches Wachsthum wünsche. Die Pflanze verlangt alles mäßig, Wärme und Feuchtigkeit; Frost erträgt sie nicht.

Ihr Brief und des Herrn v. Cotta Schreiben sind angekommen. Die Antworten nächstens. Man muß nicht irre noch zaghaft werden, wenn man bey'm Ausfahren aus dem Hafen auf eine Sandbank stößt; mit einiger Anstrengung gelangt man doch zuletzt in See.

Mündlich käme man über vieles geschwinder hinaus und über die Zweifel, die unsereinem aufstoßen, der [152] von der ganzen Technik nichts versteht; deshalb man unschlüssig wird, wo der Eingeweihte keinen Anstand nimmt.

Von Helena nächstens mehr. In der Anzeige stand nichts davon, denn sie ward erst kurz vor ihrer Ankunft fertig, und ich hätte sie Ihnen gar zu gern vorgelegt. Sie soll in den vierten Band kommen, unmittelbar vor die letzte Abtheilung der zahmen Xenien. Es wird daraus mein eifriges Bestreben hervorgehen, unser Unternehmen so werth zu machen als möglich; und da darf ich denn wohl hoffen, daß auch mir und den Meinigen das Gebührende zu Gute komme.

Gar manches hätte ich zu schreiben, und wie der Zweck, den ich auch schon in dem letzten Stück von Kunst und Alterthum verfolgte, durch das Morgenblatt zu erreichen wäre; ich müßte nur erst völlig vergessen, daß es lange Zeit zu meinem Schaden und Verdruß wirkte und wohl das einzige Beyspiel gab, daß ein Verleger seinen eignen Verlag discreditirt.

Zu meinem Geburtstag und andern folgenden Feyerlichkeiten sind gar hübsche Dinge hervorgegangen; auch habe ich selbst den Herzog Bernhard, der aus Amerika zurückkam, mit einem anständigen Gedichte begrüßt. Sein ununterbrochenes Tagebuch ist von dem größten Werth; ich bitte ihn nur, daß er es nicht zersplittert, sondern zusammenhält. Das Öffentliche,[153] wovon er spricht, kann wohl ein anderer auch gesehen haben, aber doch nicht so in Bezug zu den socialen Verhältnissen, die ihm als genialen Welt- und Kriegsmann überall zugänglich waren. Gelegentlich mehr hierüber.

Von einer merkwürdigen beynah geheimen Feyer zu Schillers Andenken nächstens das Mehrere. Einiges darüber wird schon im Publicum verlauten; wie es aber eigentlich zusammenhängt, ist nicht leicht zu erforschen.

Nur um die Hälfte sollten wir näher seyn! Das Leben wird immer prägnanter, und wie würde sich das Gute durch Mittheilung steigern lassen. Tausend Lebewohl!

treulichst

Weimar 15. Sept. 1826.

Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1826. An Sulpiz Boisserée. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9E7F-7