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An Christian Gottlob Voigt
Ew. Excellenz bin für die erfreulichen Mittheilungen, die in meiner Einsamkeit zur guten Stunde gelangten, auf das allerhöchste dankbar. Wie glücklich ist es, daß gewisse günstige Epochen uns immer wieder anfrischen und uns erinnern, daß wir thätig waren und noch immer seyn können, wenn wir guten Muth behalten. In solchen Augenblicken ist es höchst wohlthätig, in einer poetischen Form eine Beystimmung zu erfahren.
Den von unserm guten Rochlitz an mich gesendeten Brief in Erwiederung des gnädigsten Decrets lege ich bey. Dergleichen wahrhafte Äußerung lernt man immer mehr schätzen. Wie selten sind redliche, durch viele Jahre fortgesetzte Theilnahmen, indessen man sich jeden Tag unvernünftiger, augenblicklicher Widerwärtigkeiten befahren muß.
Was auf Fernows Büchernachlaß sich bezieht, folgt gleichfalls unterzeichnet, Wir machen zwar eine gute Acquisition, aber wir bevortheilen Niemand. Wären diese Bücher zur Auction gekommen, so hätten wir daraus erstanden, was uns fehlte, jetzt haben wir immer noch mit den Doubletten einige Bemühungen, die aber doch nicht ohne Frucht seyn wird. Für die Kinder ist gesorgt. Durchlaucht dem Herzog geziemt so zu handeln und der Curator wird mit den Creditoren wohl auch fertig werden.
[24] Ich lege ein Schreiben des Schloßvogts bey, der um das Bier und Brot bittet, was die alte Trabitius gehabt hat. Er muß, um sein Ämtchen zu versehen, nun eine Schwester zu sich nehmen, die nun wohl an die Stelle jener guten Alten tritt. Diese Menschen sind zufrieden, wenn ihr kümmerlich Befehl nur nicht noch verkümmert wird.
Von andern academischen Dingen weiß ich wenig zu sagen. Es ist ein eigener Vortheil solcher wunderlicher Körper, die sich immerfort nothdürftig erhalten, daß es eigentlich keine Noth für sie giebt. Dagegen ist aber auch kein Begriff unter ihnen, daß man außerordentlichen Dingen außerordentliche begegnen müsse, weil für sie gar nichts unordentliches ist.
Ihr Herr Sohn hat mir in einem freundlichen Briefe die Gabe des gebetenen Ständchens beym Prorectoratwechsel anheimgestellt. Ich hatte dem Überbringer, das übrigens ein recht guter und artiger Mensch ist, schon einige Dubia entgegengesetzt, besonders wegen der Spaltung der Akademie, worauf er mir nicht zu antworten wußte. Heute Nacht sind wieder Händel zwischen den Finländern und Westphälingern vorgefallen, und eine öffentliche Feyerlichkeit darf nun gar nicht statt finden. Die gewöhnlichen Formen werden wohl hinreichen, um auszumachen, daß derjenige, der Schläge gekriegt hat, sie trage, wer verwundert worden ist, sich heilen lasse, und wer an den Wunden stirbt, begraben werde. [25] Ich bin überzeugt, daß jeder alte Akademicus hierüber höchst beruhigt zu Bette geht.
Da man aber denn doch, so wie jeder andern Erbsünde, also auch von der Hoffnung nicht lassen kann, so bin ich diese Tage beschäftigt, den Professor Voigt für seine Reise nach Paris auszustatten. Es wäre einmal Zeit, daß uns in unsern alten Tagen irgend einer für die vielen verschwendeten Ausgaben halbweg schadlos hielte. Wenn ich dießmal Ausgabe sage, so nehme ich es mehr gemüthlich als der Casse nach. Mit dem Detail will ich, da es eine Kleinigkeit ist, Ew. Excellenz nicht beschweren. Er wird bey seiner Durchreise aufwarten und sich Ihren Segen erbitten. Mit Peucer und sonst will ich das Nöthige besorgen.
Ich wünsche bestens empfohlen zu seyn und läugne nicht, daß wir wohl bey dem Mühlenfest zu Kreuzburg persönlich uns hätten einfinden sollen. Was die Mineralien betrifft, so bitte sie noch in der alten Ordnung liegen zu lassen, bis wir die etwas näher in ihren neuen Verhältnissen kennen lernen.
Jena den 4. August 1809.
Goethe.