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An Carl Ludwig von Knebel

Mit Freuden habe ich wieder einmal einen Brief von dir erhalten und gerne daraus gesehn daß du in den Gebürgen wohlgewesen bist daß du noch vor Winters dir die Bilder so großer und schöner Gegenstände eigen gemacht hast. Über die Bergbewohner habe ich auch neuerdings besondere Spekulationen.

Schreibe nun auch balde von München etwas damit man erfahre wie dort der Ton ist, wie die Menschen sind und was sich auszeichnet, ich bin sehr neugierig darauf.

Ich führe mein stilles Leben fort, bin manchmal in Jena wo ich dich immer vermisse. Erst ietzo komme ich von Ilmenau zurück wo alles sehr gut geht, bin über Gotha gegangen und habe einige freundliche Tage daselbst zugebracht.

[125] Das sechste Buch meines Wilhelms ist fertig, ich las es Frau v. Stein, Imhof und Herders vor. Du fehltest, sonst wäre mein kleines Publikum vollkommen gewesen. Ich war glücklich viel Beyfall zu erhalten, und werde dir es nicht schicken, um dich wenn du zurückkommst mit etwas bewirthen zu können.

Schreibe mir doch auch vom Münchener Theater ausführlich, besonders von der Operette. Erkundige dich nach dem Entrepreneur oder der Direcktion und ob es Leute sind die etwas anwenden können. Ich mögte gar gerne meine letzte Operette die Kayser recht brav komponirt, irgendwo unterbringen, um dem iungen Künstler ein Stück Geld zu verschaffen und ihn in der Teutschen Welt bekannt zu machen.

Deine Beschreibungen haben mir grose Lust gemacht auch Tirol einmal zu sehen wie anders würden mir iezt diese Massen als sonst erscheinen.

Frau v. Imhof ist hier. Sie wird dir selbst die Verlegenheit beschreiben in der ihr Mann sich mit Eccard befindet.

Es ist ein böser Handel und ich sehe nicht wie er enden soll.

Übrigens kann ich dir wenig sagen. Ausser meinen gewöhnlichen Geschäfften, bin ich auch sonst fleisig. In der Botanick bin ich ziemlich vorgeruckt.

An der Fürstinn Gallizin, Hemsterhuis, von Fürstenberg, Sprickmann habe ich interessante Bekanntschafften gemacht. Jakobis metaphisiches Unwesen[126] über Spinoza, wo er mich leider auch compromittirt, wirst du gesehen haben.

Der Herzog geht im Januar nach Berlin, Klinckowström und Wedel begleiten ihn. Und ich weiche nun nicht vom Platze bis mich die gute Jahrszeit in's Carlsbad führt. Verschmähe uns nicht ganz denn wir lieben dich herzlich und wünschen dich bey uns zu sehen. Lebe wohl. Schreibe bald wieder und laß mich München wie im Schattenriß erblicken.

Weimar d. 18. Nov. 85.

G.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1785. An Carl Ludwig von Knebel. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F10-8