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An August Claus von Preen

Hochwohlgeborner
Höchstgeehrter Herr

Von Ew. Hochwohlgeboren Sendung habe jedesmal nur Angenehmes zu erwarten und so hat mir auch die letzte besonderes Vergnügen gewährt, welches ich in einer mündlichen Unterhaltung wohl auszusprechen wünschte.

Aus dem beygefügten Aufsatz tritt nun freylich das Einzelne allzulebhaft heraus, was mir im Ganzen, als ich jenen Versuch der Inschriften entwarf, dunkel vorschwebte, deswegen auch jene Zeilen nur als Versuch nicht aber als Vorschlag mitzutheilen wagte.

Die höchst ehrenvolle Theilnahme die mir an dem ersten höchst folgereichen deutschen Monumente gegönnt wird läßt mich auch in dieser Zwischenzeit nicht ruhen, ich habe die Inschriften oftmals hin und wiedergedacht und doch nichts besseres, auch nicht einmal etwas anderes finden können. Der Dichter muß sich in solchen Fällen auf Eingebungen verlassen, die ihm vielleicht ganz allein recht scheinen, weil er sie wiedergiebt wie er sie empfangen hat.

Mit dem Verfasser der Beylage wünschte ich wohl ein paar Stunden eine heitere Unterhaltung, nicht um ihn zu überreden, sondern ihm die Ansichten wie ich sie hege freundlich mitzutheilen. Schriftlich aber mich [59] darüber zu äußern fällt mir ganz unmöglich; indem gerade der jetzige Augenblick für mich in vielfachem Sinne prägnant ist und die Gegenwart alle meine Aufmerksamkeit fordert, so daß Tag und Kraft kaum hinreichen wollen.

Ich eile daher zu versichern: daß alles was man in dieser Angelegenheit beschließen möchte meinen vollkommensten Beyfall hat: denn diejenigen welche auf ein bekanntes Publicum, nach entschiedenen Zwecken zu wirken berufen sind stehen in einem ganz andern Verhältniß als der Entfernte, der von dem was er billigt und mißbilligt nur sich und einem nahen Kreise, und das nicht immer, Rechenschaft geben kann.

Da übrigens die Sache nicht äußerst dringend ist und die Hauptpunkte alle glücklich bestätigt worden, so soll mir höchst erfreulich seyn wenn Ew. Hochwohlgeboren mich mit weiteren Mittheilungen beglücken. Ergibt sich auch indessen bey mir nach Ihren Wünschen ein guter Gedanke, so verfehle nicht ihn, selbst ohne weitere Aufforderung, anzudeuten.

ganz gehorsamst

Jena den 19. Februar 1818.

J. W. v. Goethe.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1818. An August Claus von Preen. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F25-9