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An den Herzog Carl August

[14. September.]

Ew. Durchl.

gnädigste Empfehlung hat mir einen höchst freundlichen Empfang in Eisenberg verschafft, drey volle Tage habe ich daselbst auf eine sehr angenehme Weise verlebt. Alles empfielt sich und der Fürst hofft im Nov. seine Gegenvisite in Weimar machen zu können.

Was mit Brizzi verabredet worden und was vorläufig geschehen, erhellet aus beyliegendem Blatt. Das wäre denn auch alles schön und gut, wenn nicht der Preis den er auf seine Talente setzt ein wenig starck wäre. Er verlangt zweyhundert Ducaten, die Kosten der Her- und Zurückreise nach München und frey Quartier.

Indessen da Ew. Durchl. selbst voraussahen, daß er nicht würde wohlfeil zu haben seyn; so ist diese Forderung weniger auffallend. Ich habe jedoch erklärt daß ich nicht abschlösse, sondern blos melden würde; daher es noch ganz von Höchst Ihro Bestimmung abhängt. Brizzi hofft baldige Resolution, welche Ew. Durchl. an den Fürsten selbst könnten gelangen lassen.

Die Erfahrung lehrt daß es immer besser ist sich mit Virtuosen gleich auf einen entschiednen Fus zu setzten; denn am Ende giebt man noch immer mehr [382] an Geschencken und Nachträgen als man Anfangs vorhatte.

Ich bin hierüber nicht weitläufiger weil Ew. Durchl. alles selbst bedencken und beherzigen werden. Mein Wunsch ist freylich daß er zu uns komme, ich habe daher auch vorläufig Partitur und Stimmen angenommen weil nicht zu säumen ist. Berechnet man daß ausser dem Vergnügen das ein solcher Mann gewährt, fürs Theater kommt doch auch einige auserordentliche Einnahme zu gute. In diesem Betracht vermindert sich einigermassen die Summe. Auf alle Fälle wäre ihm ein Bestimmtes für die Reise anzubieten.

Indem ich von diesen vergnüglichen Dingen schreibe erschreckt mich die Nachricht von Eisenach. Solche zufällige Folgen des Krieges sind fürchterlicher als die nothwendigen.

Mich zu Gnaden empfehlend

Goethe.


[Beilage.]

Der Sänger Brizzi ist geneigt den 24. October in Weimar einzutreffen und bis Ende Novembers zu bleiben.

[383] Die Oper Achille von Paer würde gegeben, da er in derselben den meisten Beyfall einzuärndten hofft. Er verpflichtet sich zu 4-6 Repräsentationen.

Könnte man noch mit einem kleinen Stück zurecht kommen, wollte man einzelne Singpartien als Conzert oder Akademie oder auch in Camera geben; so steht er auf alle Weise zu Befehl.

Partitur und Stimmen erstgedachter Oper hat mir der Fürst Lobkowitz mitgegeben. Sobald ich nach Dresden komme, sollen sie in ein Kästchen geschlagen mit der fahrenden Post nach Weimar abgehen, damit man sogleich den Anfang mit Einstudiren machen könne.

Wegen der Besetzung ist Nachstehendes zu bemerken.


AchillBrizzi.
AgamemnonStromeyer.
BriseisJagemann.
PatroclusMolke.
ChriseisDeny
PriesterEilenstein}vielleicht.
PriesterinnHäsler

Bey der Rolle des Patroclus ist zu bemerken, daß sie eigentlich Baß ist. Herr Brizzi ist aber wohl zu frieden, daß es ein Tenor sey, und glaubt, daß Herr Capellmeister wohl das Nöthige umsetzen würde. Auch ist die Arie Nr. 5 im ersten Bande etwas leichter Art. Sollte man eine bedeutendere Tenorarie einlegen wollen, so hängt dieß gleichfalls vom Belieben ab.

[384] Ferner fehlt eine Hauptscene der Briseis, welch Herr Brizzi von München sendet, wie er denn auch seine Partitur mitbringt, um alle kleine Veränderungen einzurichten.

Das Textbüchelchen, Original und Übersetzung, sendet er gleichfalls von München; welches man bey uns könnte abdrucken lassen, wie es andern Orten auch geschieht.

Wenn nun bey Ankunft der Stimmen die Rollen gleich ausgetheilt werden; so hat man beynahe einen Monat Zeit bis zur Ankunft des Brizzi. Die Ensemble-Proben könnten alsdann sogleich seyn und Anfang Novembers die erste Vorstellung.

Was die Decorationen betrifft, so werden sich diese, nach dem was Herr Brizzi mir erzählt hat, in kurzer Zeit malen und herstellen lassen.

Weiter wüßte ich nichts hinzuzufügen. Sollte mir noch etwas beygehen, so werde ich solches von Dresden aus melden.

Teplitz den 13. September 1810.

G.


Beykommendem füge ich noch die lebhaftesten Wünsche für Ew. Durchl. fortdauerndes Wohl hinzu. Nicht weniger den lebhaftesten Danck für alle in Töplitz mir erzeigte Gnade und Güte.

Sonntag den 16. Abends dencke ich in Dresden zu seyn. Ihre Befehle finden mich bey Verlohren.

Der König von Holland ist nun mein Wandnachbar.

[385] Er bleibt sich immer gleich und doch gewinnt er immer mehr je mehr man ihn sieht und hört.

Mich zu Gnaden empfehlend

G. [386]

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1810. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F41-7