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An den Herzog Carl August

[Concept.]

[Jena, 14. März]

Ihr letztes Hierseyn, wofür wir noch alle zu danken haben, hat eine sehr gute Wirkung hinterlassen und unsere kleine Akademie ist auf's neue thätig und [65] lebhaft geworden. Wir hoffen sie bald in Weimar fortzusetzen, denn der Bergrath von Humboldt denkt wenn es Ihnen gelegen ist zu Ende dieses Monats aufzuwarten und Doctor Scherern mitzubringen. Aus beyliegendem pro Memoria werden Sie sehen wie wir die Sache eingeleitet haben und ich bin überzeugt daß Sie von dieser Acquisition manches Nützliche und Vergnügliche einernten werden. Ich habe mich um seine gegenwärtigen Umstände erkundigt und man kann wohl sagen daß er dürftig sey. Wollten Sie ihm daher ein kleines Geschenk gleichsam pro Arrha machen, so würden Sie eine Gabe sehr wohl anwenden. Er hält sich zwar in Kleidern sehr ordentlich, doch ist er gewiß zu einer Reise nicht equipirt.

Den Brief vom 9ten habe wohl erhalten und habe wegen des Einflusses des Galvanischen Fluidi auf die limphatischen Gefäße nachgefragt. Es ist derselbe nicht wohl zu bewirken weil dieses Fluidum nur auf entblößte Nerven seine Kraft äußert, welche bey dem Menschen nur durch starke Hautverletzungen oder gar tiefere Incisionen bloßzumachen sind. Was es wirkt, wenn es durch einen Körper durchgeleitet wird, ist nicht sowohl zu bestimmen.

Bergrath v. Humboldt hat auch schon daran gedacht, diese Entdeckung mit dem animalischen Magnetismus zu verbinden, er hat deßhalb Doctor Petzold in Dresden, der sich damit abgiebt, verschiedene Versuche angegeben, wodurch zu entdecken wäre, ob die [66] Erscheinung mit dem Galvanischen Fluidum in Verbindung steht.

Das pro Memoria an den Grafen Reden soll nächstens folgen und mit den gehörigen Ausdrücken gefaßt werden.

Dem sehr verkappten Dichter, dessen Werke Sie mir zu übersenden die Güte haben, ist wirklich Glück zu wünschen, daß ihm die Musen so viele ruhige, ja man darf wohl sagen unbedeutende Augenblicke gönnen, als zu dergleichen Productionen nöthig sind.

Die kleine blonde Freundin wird ja wohl, wenn ihr die Trauer schön steht, sich über das erfolgte Ableben einigermaßen trösten.

Den neuen Theaterdiener mögte ich gern aus dem eigenen Kreise nehmen und jemanden dazu befördern, der entweder durch Dienst oder Talent schon mit der Anstalt verwandt wäre.

Unterthänigstes pro Memoria.

Über die Anstellung des Doctor Scherers, welche Ew. Durchl. beabsichtigen, habe ich mit ihm selbst und dem Bergrath von Humboldt gesprochen, wornach ich folgendes zu referiren und unmaßgeblich vorzuschlagen habe.

Doctor Scherer hat gegenwärtig keine andere Verbindung als daß er wegen einiger Werke, besonders wegen eines über die Geschichte der Gas Arten, mit einem Buchhändler contrahirt hat, zu deren Ausarbeitung aber eine längere Zeit erfordert wird. Er [67] würde seine hiesigen Vorlesungen gleichfalls aufgeben können, und so ganz zu Befehle stehn.

Seine chemischen Kenntnisse sind nicht allein in Deutschland sondern auch außerhalb anerkannt, und er könnte nicht in diesen vorzügliche Schritte gemacht haben, wenn er nicht in den verwandten Wissenschaften, als der Naturgeschichte, Physik und Technik, gleichfalls bewandert wäre, er wird sich daher nach Ew. Durchl. Absicht in diesen Fächern noch besonders qualificiren können.

Was die Zeit betrifft, in welcher nunmehr das nöthigste vorzunehmen wäre, gehen unsere Vorschläge dahin: Zu Ende dieses Monats gedenkt der Ober-Bergrath von Humboldt Ew. Durchl. aufzuwarten und gedachten Doctor Scherer gleichfalls vorzustellen, der sich die Erlaubniß erbitten wird, einige Experimente vortragen zu dürfen.

Da ein kleines Laboratorium eines der ersten Erfordernissen zu seinen künftigen Arbeiten ist, so wäre vielleicht solches, so wie auch seine Wohnung dabey am schicklichsten in Belvedere einzurichten, um so mehr als er in dem Falle wenn das Mouniersche Institut noch zu Stande käme, sich an dasselbe anschließen könnte. Er besitzt schon einen schönen Glasapparat zu Bereitung der Luftarten, so wie auch eine chemische Bibliothek, und es würde alles das was noch nöthig wäre nach und nach ohne große Kosten angeschafft werden können, da wenig Instrumente in der[68] Hand eines thätigen Mannes mehr wirken als große Sammlungen die nur zur Schau dastehen. Zu der Einrichtung eines Laboratorii würden also der Bergrath von Humboldt und Doctor Scherer bey ihrer nächsten Anwesenheit in Weimar beyräthig seyn. Nach unserm Vorschlag würde sodann Doctor Scherer nach Ostern nach Freyberg gehen, und daselbst sowohl im Geognostischen als Technischen sich umsehen. Von da würde er seine Reise nach Reichenhall in Ober-Bayern richten, woselbst er auf den Salinen sich sowohl überhaupt mit den Einrichtungen, als besonders mit den Vortheilen der Feurung bekannt zu machen hätte, welche dort auf einen vollkommenen Grad eingerichtet ist. Er würde alsdann durch das Bayreuthische zurückkehren und daselbst sowohl eine große Gebürgsreihe als auch manches technische kennen lernen. Er könnte sodann den Thüringer Wald, von dem ihm schon ein Theil bekannt ist, bereisen und sich besonders im Eisenachischen umsehen und Ew. Durchl. würden Ihre Absichten überhaupt näher erklären, worauf er sowohl außerhalb als innerhalb Ihres Landes sein Augenmerk zu richten hätte. Diese Reise würde in 5 bis 6 Monaten mit Nutzen zu vollbringen seyn, und er würde die sämmtlichen Data in dieser Zeit zusammenbringen, welche er künftigen Winter durchzuarbeiten Zeit und Gelegenheit haben würde, wohin besonders auch Vorschläge zu einer vollständigen Benutzung aller Salinen-Producte gehören.

[69] Wir sind überzeugt daß Ew. Durchl. bey dieser Acquisition sowohl für Sich und Ihren Kreis sehr viel Gutes zu erwarten haben als Sich auch um die Wissenschaft überhaupt abermals ein neues Verdienst machen werden.

Weitere Befehle erwartet

Jena d. 13. März 1796.

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TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1797. An den Herzog Carl August. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F42-5