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An Charlotte von Stein

Du solltest sehen wie ich dich überall suche Liebe Lotte! Meine Geschäffte gehn stille hin, Zerstreuung hab ich nicht, meine Erhohlungen selbst sind absichtlich [56] und gebunden, zu dir allein kann meine Seele noch einen Flug nehmen, denn in irrdischen Dingen gilt waten, nicht schwimmen. Sonst gehn meine Sachen gut.

Du solltest sehn wie der Sonntag vor mir steht und wie ich wünsche daß der Himmel auch Amen dazu sage. Dem Lande wollt ich Regen gönnen, Morgen und übermorgen damit wir dann trocken und erquickt reisten.

Gestern früh that ich allerley ab, war mit dem Prinzen in der Zeichenschule. Hatte die Schrötern, Probsten und den Bruder der letztern der auf Leipzig geht zu Tische. Spazierte, war zum Thee und Abendessen bey der Herzoginn, wo es artig zu ging. Der Herzog will von Dresden wieder auf Dessau, er vergisst über der Parforce Jagd daß der Prinz hier ist, und im stillen Glossen darüber macht. Wenn auch vielleicht nicht er, doch gewiss die Gothaner.

Gastfrey ist der Herzog, und er weis auf iede Art sich von seinen Gästen frey zu machen. Gut daß es die Menschen nicht so genau mit einander nehmen, und Fürsten sich immer wechselsweise viel zu verzeihen haben wenn sie mit einander leben wollen. Zwar mit dem Prinzen ist dies der Fall nicht.

d. 12. Abends.

Dein Brief begrüst mich wie ich nach Hause komme.

O Lottgen wie gut wie süs bist du. Gute Nacht. Jetzt lebe ich eigentlich nur dem Sonntag entgegen. Morgen führe ich die Mädgen an und den Prinzen dazu. Wenn's gelingt giebts eine Geschichte auf Zeitlebens!

G. [57]

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Zitationsvorschlag für dieses Objekt
TextGrid Repository (2012). Goethe: Briefe. 1782. An Charlotte von Stein. Digitale Bibliothek. TextGrid. https://hdl.handle.net/11858/00-1734-0000-0006-9F52-1